Urteil

Auch in Haft Anspruch auf Substitution

Setzt ein Anstaltsarzt die Substitution aus, darf der Häftling die Haftanstalt wechseln, so ein OLG.

Veröffentlicht:

KÖLN. Bei der Gesundheitsversorgung von Inhaftierten im Justizvollzug dürfen allein medizinische Erwägungen eine Rolle spielen. Ist das nicht gewährleistet, kann ein Untersuchungshäftling auch in ein anderes Gefängnis verlegt werden. Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in einem rechtskräftigen Beschluss entschieden.

Ein 40-jähriger betäubungsmittelabhängiger Mann hatte in der Untersuchungshaft eine Substitutionsbehandlung fortgesetzt. Nach Unstimmigkeiten zwischen dem Häftling und dem Gefängnispersonal beendete der Anstaltsarzt die Therapie und reduzierte die verabreichten Dosen Polamydon.

Dagegen ging der Mann gerichtlich vor. Das Landgericht Bielefeld entschied, dass die Beendigung der Substitution rechtswidrig war. Der Angeklagte habe aber keinen Anspruch auf Wiederaufnahme der Behandlung, da dieses eine medizinische Entscheidung sei, die im Ermessen des Anstaltsarztes liegt.

Der Häftling beantragte daraufhin die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt, weil er kein Vertrauen mehr in eine angemessene Krankenbehandlung hatte. Der Arzt hatte die Wiederaufnahme der Substitution abgelehnt, solange ein von dem Häftling angestoßenes Revisionsverfahren gegen eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren noch läuft.

Das OLG gab dem Antrag des Mannes statt. Die Tatsache, dass der Häftling das Vertrauen in eine angemessene ärztliche Behandlung verloren habe und eine solche Behandlung nicht gewährleistet sei, war für die OLG-Richter ein gewichtiger Grund für eine Verlegung.

Eine angemessene ärztliche Behandlung des Mannes im Vollzug sei nur dann gegeben, wenn ärztliche Entscheidungen ausschließlich auf der Basis medizinischer Erwägungen wie der Indikation oder der Nicht-Indikation getroffen werden, teilte das Gericht mit. Aufgrund der zurückliegenden Vorfälle bestünden aber begründete Zweifel daran, dass dies in der ursprünglichen Justizvollzugsanstalt gewährleistet sei. (iss)

Az.: 3 Ws 213/14

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Influencer-Marketing für Nahrungsergänzungsmittel

foodwatch beklagt „wilden Westen der Gesundheitswerbung“

EU-Pharma Agenda – Impulse für die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Impulse für die Arzneimittelversorgung aus Patientenperspektive

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Datenschutz ist zugleich auch Praxisschutz

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung