Vier Bremer Fachärzte

Aus der eigenen Praxis ins MVZ

Aus der Selbständigkeit in die MVZ-Anstellung: Für vier Bremer Fachärzte kein einfacher Schritt - aber er hat sich gelohnt.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Drei der vier Ärzte vom KfH Medizinischen Versorgungszentrum Bremen-West (v.l.n.r.): Dr. Rüdiger Große-Heitmeyer, Dr. Karla Schmaltz, Dr. Michael Wilfling.

Drei der vier Ärzte vom KfH Medizinischen Versorgungszentrum Bremen-West (v.l.n.r.): Dr. Rüdiger Große-Heitmeyer, Dr. Karla Schmaltz, Dr. Michael Wilfling.

© cben

BREMEN. Mit jeweils einem lachenden und einem weinenden Auge haben sich vier Bremer Fachärzte vor zwei Jahren als angestellte Kollegen unter dem Dach eines MVZ zusammengefunden.

"Heute können wir sagen: Wir sind sehr glücklich miteinander!", versichert Nephrologin Dr. Karla Schmaltz.

Seit Juli 2011 sind die alt gedienten Mediziner vom MVZ angestellte Ärzte: Dr. Karla Schmaltz, ehemals niedergelassene Nephrologin, Dr. Michael Wilfling, sowohl in der ehemaligen Gemeinschaftspraxis als auch jetzt im MVZ nephrologischer Kollege, Dr. Thomas Otterbeck, ehemals Fachkollege im Klinikum und jetzt als Klinikaussteiger im MVZ.

Um überhaupt ein Medizinisches Versorgungszentrum zu stemmen, musste die Praxis fachübergreifend aufgestellt werden. Was lag näher für Nephrologen, als sich einen Urologen mit ins Boot zu holen?

Also stieß Dr. Rüdiger Große-Heitmeyer, ehemals Chef einer großen Praxis im 70 Kilometer entfernten Walsrode, zu den drei Bremern. Träger des MVZ ist das gemeinnützige Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. (KfH).

Verwaltungskram hat sich erledigt

Wenn heute die Honorare für Dialysen gekürzt werden, lehnen sich die Kollegen des KfH Medizinischen Versorgungszentrums Bremen-West am Diako-Krankenhaus nicht gerade entspannt zurück, aber sinkende Honorare lösen auch keine akuten Existenzängste mehr aus, sagen sie.

"Mit dem Betreiber des MVZ im Rücken fühlt man sich nicht mehr alleingelassen, die Herausforderungen können gemeinsam und unterstützt durch beratende Experten angegangen und gemeistert werden", sagt Wilfling.

Auch um die vielen kleinen, aber lästigen administrativen Aufgaben brauche man sich nicht mehr zu kümmern. "Das erledigen jetzt Leute im Kuratorium, die nichts anderes machen".

Mehr Meetings, mehr Kommunikation

Andererseits: Für in der Wolle gefärbte Unternehmerinnen und Unternehmer ist es nicht leicht, Entscheidungen von oben im Zweifel einfach hinzunehmen. "Da geht dann schon mal was an uns vorbei", erklärt Schmalz.

"Aber wir haben eine gute Kommunikationskultur, auch mit dem Kuratorium", betont die Ärztin, "wir können alles auf den Tisch bringen."

Überhaupt gehören mehr Sitzungen und mehr Kommunikation untereinander zu den Neuerungen des Daseins als angestellte Ärzte. Mit dem Kuratorium als Träger sind die Kollegen einverstanden, zudem Schmalz im Vorstand sitzt.

Hinter Wilfling, Große-Heitmeier und Schmaltz liegen 15, 20 beziehungsweise 29 Jahre Arbeit als selbstständige, niedergelassene Ärzte. Wilfling und Schmaltz arbeiteten gemeinsam in einer Gemeinschaftspraxis.

Klar, dass das MVZ für alle eine Umstellung bedeutete: "Ich arbeite jetzt in einer abhängigen Situation, mit allen Vor- und Nachteilen", erklärt Große-Heitmeyer. "Das ist ungewohnt."

Man merkt, dass der Urologe gerne geführt hat, für ihn hatte das unternehmerische Risiko auch seinen Reiz. "Natürlich hat die eigene Praxis auch mehr Geld abgeworfen", gibt er zu bedenken.

Aber er wollte als 60-Jähriger schließlich bewusst kürzer treten und hat sich deshalb für das MVZ entschieden. Aber er sagt auch: "Wenn ich jünger wäre, wäre ich nicht hier."

Dialyse ist Teamwork

Auch für Wilfling war der Schritt zum angestellten Arzt nicht leicht. Doch schließlich siegte der Verstand über die Neigung. "Ein MVZ kann an unserem Standort und bei unserem Fachgebiet die Entwicklung unserer Medizin viel besser managen", sagt er.

"Zum Beispiel ist Dialyse immer Teamwork. Das darf ein Arzt allein schon längst nicht mehr machen. Und wenn heute ein Computer kaputt geht, muss ich nicht mehr Stunden lang neben dem IT-Mann stehen und die Reparatur überwachen. Sondern ich gehe nach Hause und am nächsten Tag läuft das Gerät wieder."

Dr. Thomas Otterbeck wollte sich auf das teure Abenteuer einer eigenen nephrologischen Praxis nicht mehr einlassen. Und hat sich deshalb für das MVZ entschieden.

"Eigentlich kann man keinem jungen Kollegen mehr dazu raten, sich in die Selbstständigkeit zu stürzen", meint Schmalz.

"Wer macht das denn auch noch - selbstausbeuterisch und mit eigenem Geld anzutreten?" Schmalz arbeitet heute nur noch drei Tage in der Woche. "Immer noch mit 80 Prozent der Zeit am Patienten. Aber eben dafür mit mehr Freizeit."

Finanziell haben die Vier auch als angestellte Ärzte ihr Haus bestellt. Ohne in die Einzelheiten gehen zu wollen, sagt Schmaltz: "Wir haben gut verhandelt."

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Statistisches Bundesamt

Beschäftigte arbeiten 2026 2,4 Arbeitstage mehr

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Daten aus Wales

Infarktrisiko steigt offenbar auch nach Harnwegsinfekt

Gastbeitrag

Typ-1-Diabetes hat den großen Teil seines Schreckens verloren

Brenzlige Situationen

Umgang mit schwierigen Patienten - Tipps für MFA

Lesetipps
Ein Vorteil bei ärztlichen Patientinnen und Patienten: Die Kommunikation läuft direkter. (Motiv mit Fotomodellen)

© contrastwerkstatt / stock.adobe.com

Berufsrecht

Kollegen als Patienten? Was das fürs Honorar bedeutet

Ein Geldschein liegt in einer Mausefalle.

© photo 5000 / stock.adobe.com

Knackpunkt Selbstzahlerleistungen

Der richtige Umgang mit IGeL-Fallen