E-Rezept

Ausnahmen vom Zuweisungsverbot?

Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates will Ärzten erlauben, elektronische Rezepte in Ausnahmefällen direkt an eine einlösende Apotheke zu senden.

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Rezepte aus der Arzt-EDV direkt in die Apotheke? Berlin will das nicht – die Gesundheitsminister der Länder in engen Grenzen aber schon.

Rezepte aus der Arzt-EDV direkt in die Apotheke? Berlin will das nicht – die Gesundheitsminister der Länder in engen Grenzen aber schon.

© peart / stock.adobe.com

Berlin. In seiner Stellungnahme zum Entwurf des Patientendatenschutzgesetzes (PDSG) fordert der Gesundheitsausschuss des Bundesrates etliche Nachbesserungen. Unter anderem sollen Patientenrechte geschärft, aber auch das Monopol der gematik hinsichtlich der Zulassung von Komponenten und Diensten der TI gebrochen werden.

Besonderen Zündstoff hält die Ausschussempfehlung für Apotheker bereit: Deren Wunsch nach einem unzweideutigen Makelverbot für elektronische Rezepte wird nicht entsprochen. Stattdessen soll in Ausnahmesituationen eine direkte Rezeptübermittlung vom Arzt zur Apotheke statthaft sein, „wenn der Versicherte oder dessen Vertreter dem Verfahren zuvor schriftlich zugestimmt hat und sich dieses transparent verfolgen lässt“; die Ausnahmetatbestände, die eine solche Rezeptzuweisung rechtfertigten, hätte der Gemeinsame Bundesausschuss zu definieren.

Der PDSG-Entwurf sieht die verbindliche Einführung elektronischer Rezepte zu Anfang 2022 vor. Darüber hinaus beinhaltet das Gesetz die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte sowie Regularien zur Verarbeitung von Patientendaten zu Forschungszwecken.

„Makeln von Rezepten unter anderem per Fax“

Seinen Einwand in Sachen Rezeptzuweisung begründet der Länder-Gesundheitsausschuss damit, dass die zu erwartende Zunahme telemedizinischer und telefonischer Arzt-Konsultationen häufiger „Situationen schaffen“ werde, „in denen eVerordnungen direkt an Apotheken versandt werden sollten, zum Beispiel weil Versicherte nicht in der Lage sind, eVerordnungen zu empfangen, jedoch auch nicht in die Arztpraxis oder Apotheke kommen können“.

Mit einem Seitenhieb auf das unzulässige, gleichwohl „aktuell stattfindende Makeln von Rezepten unter anderem per Fax“, heißt es, mittels formalisierter Ausnahmen könne das alltägliche Zuweisungsgeschen „zumindest transparent abgebildet werden“.

Apotheker wehren sich

Die Apothekerschaft hat sich bislang strikt gegen die Option gewehrt, dass Ärzte Rezepte direkt aus ihrer Praxis-EDV heraus an eine Apotheke weiterleiten. Befürchtet werden vor allem Allianzen zwischen Verordnern und marketingstarken Versandapotheken.

Schon heute kooperiert etwa DocMorris mit Haus- und Fachärzten bei der Erprobung eines elektronischen Rezepts. Da das PDSG im Bundesrat jedoch nicht zustimmungspflichtig ist, sind den Änderungs- und Ergänzungswünschen der Länderkammer voraussichtlich ohnehin keine allzu großen Chancen beschieden.

Dabei dürfte insbesondere die Kritik des Gesundheitsausschusses an denkbaren Interessenskollisionen im Aufgabenspektrum der gematik auch in der Ärzteschaft Zustimmung finden. So wird etwa vorgeschlagen, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Regelung einzuführen, wonach die gematik nicht länger allein für die Freigabe von TI-Komponenten und -Diensten zuständig wäre.

Vielmehr solle das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) diese Aufgabe übernehmen oder doch zumindest den Zulassungsbeschlüssen der gematik zustimmen müssen.

Neue TI-Komponenten „nicht auf Stichtag“

Zur Begründung heißt es, die gematik könne nicht gleichzeitig mit der Entwicklung von TI-Komponenten beauftragt werden, mit denen Versicherte auf elektronische Rezepte zugreifen (so vorgesehen in einem neuen Paragrafen 311 SGB V), und zugleich die Zulassung der TI-Komponenten verantworten (Paragraf 325 SGB V neu). Das führe, heißt es, „zu Interessenkollision beziehungsweise Befangenheit“.

Gleichfalls nicht verkehrt scheint die Forderung, neben der TI bestehende IT-Anwendungen im Gesundheitswesen solange in Betrieb zu halten, bis neue Verfahren zur Datenübertragung „noch nicht flächendeckend etabliert sind“.

Die Vergangenheit habe gezeigt, heißt es begründend, „dass der Roll-Out neuer komplexer TI-Komponenten und -Anwendungen Zeit beansprucht und nicht zu einem gesetzlich vorgegebenen Stichtag beziehungsweise mit der Zulassung eines Anbieters durch die gematik bei allen Anwendern sofort funktionsfähig implementiert ist“.

Man wolle vermeiden, dass bestehende Kommunikationssysteme „zu einem Stichtag abgeschaltet werden und Anwender auf unsichere und nicht mehr zeitgemäße Alternativen (Fax) zurückgreifen müssen, bevor eine funktionstüchtige Alternative bei den Anwendern vorliegt.“ (cw)

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