PIP-Skandal

BGH verhandelt über Schmerzensgeld-Klage

Tausende Frauen haben sich unwissentlich Brustimplantate mit Billigsilikon des französischen Herstellers PIP einsetzen lassen. Ihre Klagen auf Schmerzensgeld blieben bisher ohne Erfolg. Seit Mittwoch wird ein Fall erstmals vor dem Bundesgerichtshof verhandelt.

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KARLSRUHE. Der Skandal um mangelhafte Brustimplantate mit Billigsilikon hat Karlsruhe erreicht. 

Der Bundesgerichtshof (BGH) will am Donnerstag erstmals die Schmerzensgeldklage einer Frau gegen den TÜV Rheinland prüfen.

Das Urteil könnte Signalwirkung für etliche noch offene Prozesse haben. Ob es noch am selben Tag gesprochen wird, ist nach BGH-Angaben bislang unklar.

Dem Gericht liegt die Klage einer Frau aus der Vorderpfalz vor. Ihr waren 2008 nach einer Operation zur Krebsvorsorge in beiden Brüsten Implantate der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) eingesetzt worden, die mit billigem Industriesilikon gefüllt waren.

TÜV prüfte Produktionsprozesse bei PIP

Die Frau wirft dem TÜV Rheinland vor, den Hersteller nicht ausreichend überwacht zu haben. Der TÜV Rheinland hatte bei PIP die Produktionsprozesse geprüft.

Das ist notwendig für die Vergabe des europäischen Qualitäts-Siegels CE.

Die Betroffene möchte Schmerzensgeld in Höhe 40.000 Euro. Ihre Klage war in erster und zweiter Instanz gescheitert.

So sah das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken vor einem Jahr keine Beweise dafür, dass der TÜV seine Prüfpflichten verletzt hat. 

Die Organisation habe nur das Qualitätssicherungssystem des Herstellers überprüfen müssen, nicht jedoch die Beschaffenheit und Qualität der hergestellten Produkte, hieß es.

Der TÜV hat demnach auch nicht kontrollieren müssen, ob PIP das für Brustimplantate zugelassene Silikon benutzte. Dafür sind dem Urteil zufolge ausschließlich die französischen staatlichen Behörden zuständig gewesen.

PIP hatte jahrelang unerlaubt Brustimplantate mit dem billigen Industriesilikon gefüllt.

Allein in Deutschland 5000 Betroffene

Diese Implantate waren weltweit Hunderttausenden Frauen eingesetzt worden. Allein in Deutschland sind mehr als 5000 Frauen betroffen.

Der Skandal flog 2010 in Frankreich auf. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlichte später eine Empfehlung, die Kissen herausoperieren zu lassen.

Zahlreiche Frauen hatten daraufhin den TÜV Rheinland verklagt.

Nach Angaben eines Sprechers vom TÜV Rheinland sind noch etwa zehn Verfahren bei Landgerichten und Oberlandesgerichten mit Blick auf den BGH ausgesetzt.

Bislang habe der TÜV in Deutschland jedoch alle Schadenersatzprozesse gewonnen, sagte der Sprecher.

Der Gründer von PIP war im Dezember 2013 zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

Das Gericht in Marseille sah es als erwiesen an, dass der Mann auch den TÜV bewusst täuschte. Die Firma ist längst pleite.

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