Bundessozialgericht
Bayer Vital siegt im Streit um Rahmenverträge für Kontrastmittel
Die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland muss auch teurere Kontrastmittel bezahlen, wenn Ärzte sich diese als Sprechstundenbedarf verordnet haben. Bei einer Verordnung setzen sich die Mediziner aber einem möglichen Regress aus.
Veröffentlicht:Kassel. Die Rahmenverträge der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland für Kontrastmittel sind für Ärzte und Großhändler nicht verbindlich. Die Krankenkasse muss auch teurere Kontrastmittel bezahlen, wenn Ärzte sich diese als Sprechstundenbedarf verordnet haben, urteilte der für Klagen nichtärztlicher Leistungserbringer zuständige 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Ärzte, die teure Kontrastmittel verordnen, setzen sich allerdings selbst einem möglichen Regressrisiko aus.
Im Streitfall geht es um Kontrastmittel von Bayer, die der Leverkusener Konzern über seine eigen Vertriebsgesellschaft Bayer Vital vertreibt. Anders als sonst bei Medikamenten üblich verordnen Radiologen sich die Kontrastmittel selbst und auf Vorrat als Sprechstundenbedarf. Die Bestellungen gehen direkt an die Großhändler, so dass die üblichen Preisregulierungen für den Apothekenvertrieb nicht greifen. Je nach KV zahlen die Krankenkassen den Radiologen eine Pauschale, oder die Großhändler rechnen direkt mit der Kasse ab.
Europaweite Ausschreibung
Zur zweiten Gruppe gehören Rheinland-Pfalz und das Saarland. Um gute Preise zu bekommen, hatte die dortige AOK die Kontrastmittel europaweit ausgeschrieben und Rahmenverträge mit den günstigsten Anbietern geschlossen. Die Kasse teilte anderen Anbietern und auch den Radiologen mit, dass sie teurere Kontrastmittel nicht bezahlt.
Dennoch hatten viele Radiologen die Bayer-Kontrastmittel weiter als Sprechstundenbedarf verordnet. Die Abrechnungen hierüber durch Bayer Vital ließ die AOK aber unbezahlt.
Mit seiner Klage verlangte Bayer Vital für die Monate März 2017 bis März 2018 Vergütungen in Höhe von 1,14 Millionen Euro. Wie schon das Landessozialgericht Essen gab dem nun auch das BSG statt.
Vereinbarungen stärken Vergütungsanspruch
Dabei stellten die Kasseler Richter zunächst klar, dass Bayer Vital vom Hersteller Bayer getrennt zu sehen und daher als Großhändler und „sonstiger nichtärztlicher Leistungserbringer“ zur Klage befugt ist. Aus den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen für Rheinland-Pfalz und das Saarland ergebe sich auch ein „unmittelbarer eigener öffentlich-rechtlicher Vergütungsanspruch“. Diesen könnten die die verordnenden Ärzte beliefernden Großhändler direkt gegenüber den Krankenkassen geltend machen.
Die von der AOK geschlossenen Rahmenverträge stünden dem nicht entgegen, so das BSG weiter. Denn diese seien für Großhändler, die nicht Rahmenvertragspartner geworden sind, nicht bindend.
Klausel für Großhändler
Neuere Sprechstundenbedarfsvereinbarungen, etwa in Nordrhein-Westfalen, enthalten eine Klausel, wonach Großhändler im Fall von Rahmenvereinbarungen zumindest die Vergütung des günstigsten Wettbewerbers erhalten. Ob dies Konstruktion trägt, hatte das BSG noch nicht zu entscheiden. Dafür spräche, dass es zu den durch das TSVG geschaffenen Regressregeln für Vertragsärzte passt, die nun bei unwirtschaftlichen Verordnungen zumindest die wirtschaftliche Alternative vergütet bekommen.
Radiologen, die sich in Rheinland-Pfalz oder im Saarland weiter teure Kontrastmittel verordnen, setzten sich allerdings nun selbst einem Regressrisiko wegen unwirtschaftlicher Verordnungen aus. Einen solchen Regress hat es bislang nicht gegeben, weil die AOK die teuren Kontrastmittel ja gar nicht bezahlt hat. Beim BSG hätte hierüber auch nicht der 3., sondern der 6. Senat zu entscheiden. (mwo)