Medizinstudium

Berge besteigt man im eigenen Tempo!

Medizinstudentin Solveig Mosthaf fühlt sich im Studium manchmal, als würde sie einen steilen Berg hinauf kraxeln. Sie wünscht sich mehr Planungsfreiheit – und die Möglichkeit, eigene Wege zu gehen.

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Man kann sich den Arztberuf als Gebirge vorstellen, dessen Gipfel man im Laufe des Lebens erklimmt. Der Beginn des Studiums ist der Fuß des Berges. Das Basislager, zu dem man gelangen muss, bevor man den eigentlichen Aufstieg beginnt, ist die Approbation. Einmal erreicht, entscheidet man von hier aus, welchen Gipfel man erklimmen möchte. Der Weg bergauf ist das Lernen.

Ich selbst befinde mich noch auf dem Weg zum Basislager, bin kurz davor. Wenn ich nach oben schaue, sehe ich die vielen, die es bereits erreicht haben und nun ihre Berge hochkraxeln. Ich sehe verschiedene Wege zu den Gipfeln führen und wie die Aufsteigenden auf unterschiedlichste Art und Weise ihre Gipfel erklimmen.

Jeder auf seine Weise

Manche sind schneller, andere langsamer. Manche klettern im Team, andere alleine. Manche machen viele kurze Pausen, andere wenige lange.

Manche wählen bereits geebnete Routen, andere schlagen sich querfeldein durch. Einige brechen ihren Aufstieg auch ab, um doch einen anderen Berg zu erklimmen. Wieder andere besteigen sogar mehrere Gipfel nacheinander.

Wenn ich zurückblicke, sehe ich den Weg, den ich bisher gegangen bin. Er ist breit und eben, viele Füße haben ihn platt getreten. Oft wird die Straße begrenzt von Zäunen und Schildern, die es verbieten, vom vorgegebenen Weg abzuweichen.

Abkürzungen sind nicht vorgesehen, Umwege ebenso wenig. In regelmäßigen Abständen gibt es Zwischenstopps mit den Namen "Pflegepraktikum" oder "Famulatur". Die meisten gehen den vorgegebenen Weg gemeinsam mit allen anderen, folgen klaglos der Masse, halten an vorbestimmter Stelle an und setzen sich wieder in Bewegung, sobald es gefordert wird.

Solveig Mosthaf

Berge besteigt man im eigenen Tempo!

© Konstantin Güldner

Solveig Mosthaf ist 24 Jahre alt und im 10. Studien-/8. Fachsemester in Freiburg.

Zurzeit ist sie an Kinderheilkunde, Frauenheilkunde oder Allgemeinmedizin interessiert. Sie fühlt sich in der sprechenden Medizin wohler als z.B. in der reinen Chirurgie.

Außerdem ist sie aktiv in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd).

Früher weniger verschult

Früher war das Medizinstudium weniger verschult. Es gab weniger Pflichtveranstaltungen, die Studierenden mussten sich selbst entscheiden, welche Veranstaltungen sie für relevant hielten und welche Prüfung sie wann ablegen wollten. Vorgegeben war einzig das Ziel, nämlich die Aneignung des nötigen Wissens.

Heute ist fast das gesamte Studium für uns verpflichtend durchgeplant. Wir werden am Fuße des Berges gesammelt und in geordneten Grüppchen nach oben geführt. Manchmal gleichen wir Studierenden eher einer Schafherde als selbstdenkenden Menschen.

Im Arztberuf ist jedoch Eigenverantwortlichkeit gefordert. Im klinischen Alltag, in der Diagnostik und bei Therapieentscheidungen müssen wir unser Wissen gezielt einsetzen. Praktisches Denken und Kreativität sind essenziell für eine individuelle Patientenbetreuung. Doch wann sollen wir diese Eigenverantwortung entwickeln?

Warum nicht mehr gestalten?

Ich frage mich, warum wir die Planung unseres Studiums nicht mehr selbst gestalten können. Warum wir nicht schon vor unserer Approbation eigene Schwerpunkte setzen können und den Themen, die uns interessieren, mehr Aufmerksamkeit schenken dürfen.

Natürlich gibt es einen nötigen Grundstock an Wissen, den jede und jeder Studierende braucht. Doch wann wir uns dieses aneignen und wie weit wir die einzelnen Themen vertiefen, sollte uns selbst überlassen sein. Denn ist nicht auch das Lernen des Lernens Teil unseres Weges? Das Studium ist die beste Zeit, sich das Handwerkszeug anzueignen, das wir später für die Besteigung unserer Berge benötigen.

Einen Weg zu ebnen, die Organisation des Studiums für die Studierenden unkompliziert zu gestalten, ist gut. Doch nur, weil man eine Straße baut, kann man nicht alle zwingen, darauf zu gehen. Wenn einer neue Wege gehen oder den eigenen Horizont erweitern möchte, sollte dies unterstützt werden statt erschwert.

Berge besteigt man im eigenen Tempo und zumindest im Studium ist auch der Weg das Ziel.

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Kommentare
Heike Drolshagen 17.01.201710:30 Uhr

Berge erklimmt man im eigenen Tempo

Ich kann mich der Meinung des Kollegen Joseph Schmitt nur anschließen, habe fast zur gleichen Zeit studiert: 1981-1987.
Für die meisten Medizinstudenten ist das vorgegebene Gerüst des Studiums (je nach Uni unterschiedlich) eine Wohltat.
Meist weiß man als Student - zumindest am Anfang - nicht, was eigentlich das notwendige Basiswissen beinhaltet, um nach der Approbation eigene Schwerpunkte zu legen. Abgesehen davon verbietet niemand an der Uni, sich über die vorgegebene Struktur hinaus zu bilden.
Auch ist es nicht verpflichtend, sich für jeden Kurs anzumelden, der für das jeweilige Semester vorgesehen ist, sondern kann ihn auch zu späterer Zeit nachholen. Es ist nicht so, dass die Kurse überall zwiungend aufeinander aufbauen.
Es ist auch möglich Urlaubssemester oder Auslandsstudien zwischendurch einzulegen, wenn man das möchte und es sich zutraut. Oft sind selbst gewählte Abwege von der Struktur jedoch mit einer Verlängerung des Studiums verbunden.Damit legt man aber auch gleichzeitig sein eigenes Tempo fest.

Die meisten von uns waren damals froh, ein weitgehend durchstrukturiertes Studium absolvieren zu dürfen. Akzente konnte man schon damals immer noch selbst setzen.

Joseph Schmitt 17.01.201708:43 Uhr

Berge erklimmt man im eigenen Tempo

Die junge wertende Kollegin irrt, schon zu meiner Zeit des Studiums 1978-1985 einschliesslich Promotion war das Studium erheblich reguliert,
ständige Kurs-Prüfungen pro Semester neben den obligaten grossen Prüfungen nach 4/6/10 und 12 Semestern. Die in Ihrer Lernkohorte nicht mithielten blieben mehrheitlich auf der Strecke. Im Nachhinein war dann der Stress im Studium nur halb so gross wie der Weg zum Facharzt.

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