Kooperation statt Konfrontation

Bidens Kurs gefällt Investoren

Welche Perspektiven bieten US-Aktien Anlegern nach dem Wahlsieg Joe Bidens und angesichts der Impfstoffentwicklung von Biontech? Die Börsen laden auf jeden Fall zu einem Investment ein – unter bestimmten Prämissen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Anleger setzen große Hoffnung auf Joe Biden im Amt des US-Präsidenten. Er verkörpert den Gegenpart des volatilen Vorgängers.

Anleger setzen große Hoffnung auf Joe Biden im Amt des US-Präsidenten. Er verkörpert den Gegenpart des volatilen Vorgängers.

© Msnbc / ZUMAPRESS.com / picture alliance

Neu-Isenburg. Zwei Ereignisse haben kürzlich die Börsen rund um den Globus in einen Höhenflug versetzt: Der vom Mainzer Pharmaunternehmen Biontech zusammen mit dem US-Giganten Pfizer entwickelte Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus bietet nach vorläufigen Ergebnissen aus der Phase-III-Studie einen 90-prozentigen Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung; und der Herausforderer Joe Biden ist zum Präsidenten der USA gewählt worden.

Der Demokrat löst im Januar den Republikaner Donald Trump im Weißen Haus ab.

Biontech und Pfizer wollen bis Dezember 50 Millionen Impfstoff-Dosen produzieren, 1,3 Milliarden Dosen sollen es 2021 sein. Das ist eine gute Nachricht für Börsianer.

Ist die Pandemie gebannt, kann weltweit die Wirtschaft wieder ungehindert laufen. Die Aussicht auf eine Rückkehr zu einem Leben vor COVID-19 beflügelt vor allem die in den vergangenen Monaten massiv gefallenen Aktienkurse von Fluggesellschaften, Tourismuskonzernen und Betreibern von Einkaufszentren – auch wenn vorerst weiterhin deutlich weniger Menschen reisen oder Konsumtempel besuchen werden als vor der Pandemie.

„An der Börse wird die Zukunft gehandelt“, erklärte der verstorbene Star-Anleger André Kostolany, warum Aktien von Unternehmen nach Krisen bereits wieder steigen, bevor die Konzerne bessere Bilanzen vermelden.

Statistik stützt Biden-Euphorie

Dass der Wahlsieg Bidens den Börsennotierungen von US-Unternehmen auf breiter Front Auftrieb bescherte, erscheint hingegen auf den ersten Blick überraschend. Schließlich stehen die Republikaner im Ruf, unternehmensfreundlicher zu sein als die Demokraten mit ihrem Hang zum Sozialstaat.

„Die Geschichte widerlegt jedoch das hartnäckige Vorurteil, dass ein Republikaner im Weißen Haus für Anleger besser ist“, sagt Stephan Albrech, Vorstand der Kölner Vermögensverwaltung Albrech & Cie.

Seit dem Jahr 1900 gibt es exakte Aufzeichnungen über die Kursentwicklung an den US-Börsen. Und diese zeigen, dass sich die Aktienkurse immer besser entwickelt hatten, wenn ein Demokrat regierte. „Unter den acht demokratischen der insgesamt 20 US-Präsidenten kamen Investoren mit dem marktbreiten S&P-500-Index auf eine durchschnittliche Jahresrendite von 10,5 Prozent“, rechnet Albrech vor. „Unter den zwölf Republikanern waren es lediglich knapp fünf Prozent.“

Arbeitsplätze versus Kaufkraft

Ein Grund dafür: Republikanische Präsidenten haben traditionell eher Unternehmenssteuern gesenkt. Dies sollte US-Konzerne im internationalen Wettbewerb stärken und sie so befähigen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Doch tatsächlich wurden seit den 1970er Jahren erhebliche Teile der Produktion in Niedriglohnländer verlagert. Die Demokraten hingegen haben in ihren Regierungszeiten primär die Steuerbelastung für untere und mittlere Einkommen gesenkt und so die Kaufkraft im Land erhöht, was die Konjunktur insgesamt befeuerte.

Interessanterweise hat in der Pandemie Noch-Präsident Trump ähnlich reagiert. Um die Konjunktur zu stützen, ließ er staatliche Corona-Hilfen an private Haushalte zahlen, damit diese weiter konsumieren können. „Die monatlichen Einzelhandelsumsätze sind zwar zu Beginn der Covid-19-Rezession kurzfristig stark eingebrochen, lagen im August aber schon wieder leicht über den Februar-Werten“, sagt Till Christian Budelmann, Kapitalmarktstratege bei der Zürcher Privatbank Bergos Berenberg.

Was Profiinvestoren am Wahlausgang am meisten begeistert: Biden gilt als gemäßigter Demokrat, der Kooperation der Konfrontation bevorzugt. Die von Trump geführten Handelskonflikte gegen China und Europa dürften damit vorüber sein. Biden werde die Verhandlungen in „sachlichem, gemäßigten Ton führen“, sagt Budelmann. Gehen die Strafzollschranken wieder auf, könnten Unternehmen in allen Regionen höhere Umsätze und Gewinne erzielen.

Wieder Chance für Klimaschutz?

Über börsennotierte Indexfonds auf den US-Leitindex Dow Jones, den breiter gefassten S&P 500 oder die US-Technologiebörse NASDAQ können Anleger darauf setzen, dass US-Aktien auf breiter Front weiter steigen. Für deutsche Werte eignen sich Indexfonds auf den hiesigen Leitindex Dax. Diese kurz ETF genannten Fonds bilden Indices passiv nach, so dass kaum Verwaltungsgebühren anfallen. Da ihre Anteile ausschließlich an den Börsen gehandelt werden, entfällt auch der Ausgabeaufschlag von fünf Prozent.

Allerdings sollten „längerfristige Anlageentscheidungen nicht allein auf Basis politischer Erwägungen getroffen werden“, sagt Stefan Kreuzkamp, Chefstratege der Deutsche-Bank-Tochter DWS. „Die nach der Präsidentschaftswahl von 2016 von Trump favorisierten Sektoren Öl, Kohle und Stahl haben sich schlechter als die Gesamtwirtschaft der USA geschlagen.“ Megatrends wie den Klimaschutz sollten Anleger nicht ausblenden.

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