PPP-Pionier

Bundesgerichtshof springt Hochtaunus Kliniken bei

Die Spitze einer Schlichtungsinstanz muss unabhängig besetzt sein, so der Bundesgerichtshof. Er stärkt somit die Position der Hochtaunus Kliniken, die den Servicepartner mit Malusabzügen belegten wegen schlechter Performance.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Schiedssprüche müssen von unabhängigen Gremien vorgenommen werden – auch im Krankenhausbereich, so der BGH.

Schiedssprüche müssen von unabhängigen Gremien vorgenommen werden – auch im Krankenhausbereich, so der BGH.

© Erwin Wodicka / panthertmedia.net

KARLSRUHE/BAD HOMBURG. Die Zeichen für die Hochtaunus Kliniken standen nicht schlecht: Als bundesweit erste Klinik, hatten sie sich dafür entschieden, eine Public Private Partnership (PPP) für ihren Klinikneubau einzugehen.

Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) lobte bei einer Fachtagung vor Ort in Bad Homburg im November 2014 "deren Mut, neue Wege zu gehen" – das Land Hessen schoss für den Klinikneubau die ungewöhnlich hohe Summe von 70 Millionen Euro zu.

Im laufenden Betrieb stellten sich dann allerdings Performance-Probleme der beteiligten Projektgesellschaft ein, was das Facility Management und die Reinigungsdienste anbelangte.

In der Konsequenz setzte die Klinikleitung für den Projektpartner bei der Rechnungsbegleichung einen Malusabzug von 15 Prozent an.

Urteile ohne Bindungswirkung

Da dieser mit diesem Vorgehen nicht einverstanden gewesen war, rief er den im gemeinsam geschlossenen Rahmenvertrag über den Neubau und Betrieb von Kliniken vorgesehenen Vertragsbeirat an, der mit je zwei Vertretern der beiden Partner sowie einem unabhängigen Vorsitzenden besetzt sein sollte.

Den Vorsitz nahm ein pensionierter Richter des Oberlandesgerichtes Koblenz ein. Wie aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) hervorgeht, der der"Ärzte Zeitung" vorliegt, sollte der Vertragsbeirat Streitigkeiten als Schiedsgericht gemäß §§ 1025ff. Zivilprozessordnung entscheiden.

Die Kliniken blitzten bei dem Unparteiischen immer öfter mit dem Sanktionsinstrument der Malusabzüge bzw. einer vorweggenommenen Kürzung um 15 Prozent bei der Rechnungsbegleichung ab. Es folgte der Gerichtsweg – in letzter Instanz bis vor den BGH.

Knackpunkt im konkreten Fall war nach Aussage der Kölner Rechtsanwaltsgesellschaft Luther, die die Hochtaunus Kliniken zusammen mit dem Rechtsanwalt am BGH Dr. Gottfried Hammer vor dem Bundesgerichtshof vertrat, dass die Parteien selbst weit mehrheitlich das vermeintliche Schiedsgericht stellten.

Aber: Ein Richten in eigener Angelegenheit ist nicht mit der Rechtsordnung vereinbar. Dieser verfassungsrechtlich abgesicherte Grundsatz wurde nun vom BGH bestätigt.

Im Grundsatz ging es damit um die Frage, inwieweit Parteien mittels ihrer Organe selbst über Streitigkeiten in einem Schiedsverfahren richten dürfen.

"Richterliche Tätigkeit untersteht dem Gebot der Neutralität"

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich laut Luther mit dieser Fragestellung bislang nur selten beschäftigen müssen. Entsprechenden Regelungen sei jedoch nun durch den BGH eine klare Absage erteilt worden.

"Richterliche Tätigkeit untersteht dem Gebot der Distanz und Neutralität. Es gehört zu ihrem Wesen, dass sie von unbeteiligten Dritten ausgeübt wird.

Für die Schiedsgerichtsbarkeit, die ihrer Funktion und Wirkung nach materielle Rechtsprechung ist, besteht insoweit im Grundsatz keine Ausnahme", so der BGH in seinem Beschluss.

"Die Folge ist, dass auf Basis solcher unwirksamen Klauseln ergangenen Urteilen keine Bindungswirkung zukommen kann", verdeutlicht Dr. Kuuya Chibanguza, Rechtsanwalt bei Luther, die Konsequenz des Karlsruher Richterspruchs.

"In der Gestaltung von Streitschlichtungsmechanismen ist unbedingt darauf zu achten, dass die Neutralität der zur Entscheidung berufenen Personen gesichert ist. Eine engere Verbindung der Parteien ist hingegen im Rahmen von Mediationsverhandlungen möglich", ergänzt Jens-Uwe Heuer-James, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft.

Spezifische Ansprüche bei Kliniken

Dass die Leistungen des privaten Projektpartners im Versorgungsalltag – wie bei den Hochtaunus Kliniken geschehen – einen neuralgischen Punkt darstellen können, stand für Branchenexperten bereits vor mehr als einem Jahrzehnt fest.

"Die Leistungen, die im Rahmen eines PPP-Projektes im Krankenhausbereich auf einen privaten Partner übertragen werden können, sind weitergehend als in anderen Bereichen des öffentlichen Hochbaus. Sie erfordern daher spezifische Kompetenzen des privaten PPP-Partners, die sich neben herkömmlichen Bau- und Facility-Management-Leistungen je nach dem Umfang der zu übertragenen Tätigkeiten auf die sog. krankenhausspezifischen Sekundär-und Tertiärleistungen erstrecken", heißt es in dem 2007 im Auftrag des Hessischen Gesundheitsministeriums von PricewaterhouseCoopers erstellten "Gutachten zur Bewertung von öffentlich-privaten Partnerschaftsmodellen in der Krankenhausfinanzierung".

Az.: I ZB 12/17

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