Öffentlich? Privat? Beides! Pionierarbeit im Klinikbau

Der Neubau zweier kommunaler Kliniken im Hochtaunus-Kreis erfolgt als erster bundesweit in Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft - eine Herausforderung.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:
Bauen nach Plan: Bei öffentlich-privaten Projekten können die Akteure schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren.

Bauen nach Plan: Bei öffentlich-privaten Projekten können die Akteure schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren.

© pictonaut / fotolia.com

BAD HOMBURG. Die Verträge sind unter Dach und Fach: Im September 2013 sollen die beiden kommunalen Klinikneubauten in Bad Homburg und Usingen mit insgesamt 435 Betten in Betrieb gehen. Das Investitionsvolumen liegt bei knapp 200 Millionen Euro.

70 Millionen Euro übernimmt das Land Hessen. Das besondere daran: Die Kliniken im Hochtaunus-Kreis werden in öffentlich-privater Partnerschaft ("Public Private Partnership", kurz PPP) komplett neu gebaut - ein bundesweit bislang einmaliges Projekt.

Klare Richtlinien schaffen Verbindlichkeit für alle

"Wir gehen ohne Verzug an den Start", sagt Julia Hefty, Geschäftsführerin der Hochtaunus-Kliniken gGmbH im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Das PPP-Projekt hat klare Richtlinien. Projektgesellschaft ist "Yolande", eine Tochter der Hannover Leasing.

 Sie wird die beiden Kliniken planen, bauen und finanzieren. Drei Jahre hat die Vorbereitung gedauert, zwei Jahre sind für den Bau geplant, 25 Jahre dauert die Betriebsphase.

PPP im Gesundheitssektor

Eine "Public Private Partnership" (öffentlich-private Partnerschaft) ist eine Kooperation zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft bei Aufgaben, die bislang in staatlicher Verantwortung lagen.

Das reicht vom Entwurf über die Planung, Erstellung und Finanzierung bis hin zum Betrieb der Infrastruktur. Derzeit gibt es bundesweit etwa 219 PPP-Projekte - etwa im Bereich von Schulen, Kindergärten, dem Bau von Justizvollzugsanstalten oder Freizeitbädern und Bürgerhäusern.

Im Gesundheitssektor sind es nach Angaben der Projektdatenbank des Föderalen PPP Kompetenznetzwerkes 18.

Darunter sind sechs im Alten- und Pflegebereich, sieben im Bereich von Facharztzentren, Ärztehäusern und Gesundheitszentren und fünf im Klinikbereich - der Neubau der Hochtaunus-Kliniken, ein Erweiterungsbau am Klinikum Garmisch-Partenkirchen, ein Funktionsgebäude des UK Köln, ein neues Klinikum am Steinenberg in Reutlingen und eine Wohnanlage samt Parkdeck am Klinikum Ansbach.

www.ppp-projektdatenbank.de www.oeppdag.de

Der Hochtaunuskreis gewährt den finanzierenden Banken eine Bürgschaft in Höhe von 186,3 Millionen Euro. Die Gebäude bleiben Eigentum der Hochtaunus-Kliniken, die auch weiter für den Medizin-Betrieb zuständig sind und sich um die Beschaffung und den Betrieb der Großgeräte kümmern werden.

"Der Zeitraum für den Neubau ist realativ kurz", erklärt Hefty. Ohne PPP sei das nicht zu machen. Sie verweist auf den im vergangenen Jahr fertiggestellten Neubau des Klinikums Offenbach. Der Einzug dort musste zweimal verschoben werden.

Die Verzögerung führte zu Mehrkosten in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro. Das wird im Hochtaunuskreis nicht passieren, ist die Geschäftsführerin überzeugt. Die Bauplanung - in Bad Homburg entsteht ein Akutkrankenhaus samt Privatklinik und ambulantem Zentrum mit 473 Betten, in Usingen eine Klinik mit 100 Betten - ist mit den Mitarbeitern abgestimmt.

Hausintern wurde das Vorhaben in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert. Jeder Schritt wurde im Intranet erklärt. "Transparenz ist wichtig", so die Hefty. Das Risiko, dass während der Bauphase noch teure und aufwändige Änderungswünsche kommen, sei deshalb gering. "Wir sind sicher, dass alle Wünsche berücksichtigt wurden."

Die Klinikleitung ist zufrieden. Das Auswahlverfahren war stringent, die Kriterien streng, das Konzept klar. Mit dem Ergebnis, dass alle Nutzer zufrieden sind. Weiterer Vorteil: "Wir konnten auf den Fördertopf für PPP schneller zugreifen als auf herkömmliche Fördermittel", so Hefty.

Ein weiterer Vorteil sei, dass sich die kommunale Klinik für den Neubau mit einem Generalunternehmer zusammenarbeitet, der schneller als ein öffentliches Haus agieren kann und beispielsweise auch nicht an öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen muss.

Hefty: "Das ist flexibler und kommt billiger." Gerät der Private bei der Fertigstellung in Verzug, ist er finanziell haftbar. Das gleiche gilt für die Baukosten, die einen bestimmten Betrag nicht überschreiten dürfen.

Landkreis hätte Finanzierung allein kaum stemmen können

Die PPP-Variante erlaubt eine Modernisierung, die der Landkreis alleine kaum hätte schultern können. In den vergangenen Jahren hatte das Klinikum erhebliche Verluste erwirtschaftet. "2008 hatten wir sogar deutschlandweit einen Rekord", sagt Hefty.

Das Defizit lag damals bei elf Millionen Euro. Im Jahr 2008 startete die Klinikleitung ein Sanierungsprogramm, das immer noch läuft. Für 2013 ist ein ausgeglichenes Ergebnis geplant. Die beiden Neubauten helfen zudem, den Markt besser auszuschöpfen.

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