Thüringen

Debatte um Bettenzahlen geht weiter

Der neue Landeskrankenhausplan Thüringens soll 2017 in Kraft treten. Krankenhausschließungen seien aber nicht vorgesehen, betont die rot-rot-grüne Landesregierung -dabei leistet sich Thüringen zu viele Klinikbetten.

Von Katrin Zeiß Veröffentlicht:

ERFURT. Thüringen ist ein kleinteiliges Land, das gilt auch für die Krankenhausstruktur. Nicht nur in der Region zwischen der Landeshauptstadt Erfurt und dem ostthüringischen Saale-Holzland-Kreis, wo sich in einer Entfernung von rund 80 Kilometern neun Kliniken - darunter fünf der Maximal- oder Spezialversorgung - konzentrieren, sind die Wege zum nächsten Krankenhaus kurz.

Kleinteilig ist auch so manche Fachabteilung. In zwölf der 17 Landkreise stehen in den Fachabteilungen Gynäkologie/Geburtshilfe und Pädiatrie weniger als 15 Betten, hat der Landesverband der Ersatzkassen kürzlich vorgerechnet - Feuer für die Debatte um den 7. Landeskrankenhausplan, den das Land derzeit mit Vertretern von Kliniken, Krankenkassen und Ärzten diskutiert und der 2017 in Kraft treten soll, ein Jahr später als zunächst vorgesehen.

Ein Ergebnis dürfte dabei schon feststehen: Klinikschließungen sind tabu. Das hat die rot-rot-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag versprochen und Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) beabsichtigt nicht, davon abzuweichen.

"Ich bin der Überzeugung, dass alle Krankenhäuser, die wir jetzt haben, eine Perspektive haben", sagt die 46-jährige Ressortchefin. Außerdem seien Krankenhäuser etwas, mit denen sich die Menschen einer Region identifizierten - da sei es schwer, Häuser zu schließen.

 Eine Erfahrung, die auch schon frühere CDU- und SPD-Ressortchefs gemacht haben. Werners direkte Amtsvorgängerin Heike Taubert (SPD) verzichtete beim derzeit noch gültigen 6. Landeskrankenhausplan lieber gleich auf derartige Ideen.

Dabei leistet sich Thüringen zu viele Klinikbetten. Berechnungen des Statistischen Landesamtes ergeben, dass die vorhandenen Betten im Jahr 2013 nur zu 75 Prozent ausgelastet waren, also jedes vierte Bett leer stand.

Nach davon abweichenden Berechnungen des Ministeriums, die auch die nötige Bettenreserve mit einkalkulieren, waren im vergangenen Jahr 4,2 Prozent der Planbetten nicht ausgelastet, in absoluten Zahlen 626 Betten - was immerhin zwei mittleren Häusern entspricht. Insgesamt verfügen die 38 Thüringer Akutkliniken aktuell über rund 14.700 sogenannte Planbetten.

Fachabteilungen infrage gestellt

Auf Überkapazitäten verweisen auch die gesetzlichen Krankenkassen. Landesweit könnte die Bettenzahl laut vdek in den nächsten fünf Jahren um mehr als 700 sinken, beruft sich der Verband auf ein Gutachten, das das Land in Vorbereitung auf den neuen Krankenhausplan in Auftrag gegeben hatte.

Vor allem die vielen kleinen Fachabteilungen für Kinderheilkunde und Gynäkologie stellt er infrage. Eine Abteilung mit sechs, sieben oder acht Betten könne wohl kaum wirtschaftlich und leistungsfähig sein, argumentiert der Verband - wie bereits vor fünf Jahren, als es um den jetzigen Krankenhausplan ging.

In der Zwischenzeit hat die Landesregierung allerdings ein Werkzeug in der Hand, das sie nutzen könnte: Noch unter der Vorgängerregierung von CDU und SPD hatte der Landtag Anfang 2014 das Krankenhausgesetz novelliert und dabei dem Land die Möglichkeit eingeräumt, Qualitätsstandards für Kliniken festzulegen.

Das könnten zum Beispiel eine Mindestausstattung mit Fachärzten oder Pflegefachkräften sein. Der Haken: Bis heute fehlt die notwendige Rechtsverordnung aus dem Gesundheitsministerium. Werner spricht von einer leeren Hülle, die die Vorgängerregierung mit dem Gesetz hinterlassen habe.

Andererseits will sie eine Entscheidung zu Mindeststandards nur im Einvernehmen mit Kliniken und Kassen treffen - was dauern kann. Guido Dressel, Landeschef der Techniker Krankenkasse, macht sich allerdings keine Illusionen über den Effekt.

"Die Debatte um Qualitätskriterien ist eine Stellvertreterdebatte für das eigentliche Problem - dass wir zu viele Klinikbetten haben. Daran werden ein paar Strukturstandards nichts ändern."

Neue Fachabteilungen in mindestens zwölf Häusern geplant

Denn geht es nach der Gesundheitsministerin, sollen auch schlecht ausgelastete Abteilungen eine Zukunft haben. So könnte etwa durch Kooperation mit anderen Kliniken die Auslastung und damit die Wirtschaftlichkeit verbessert werden, findet Werner.

Sie will Häusern mit defizitären Fachabteilungen zudem Umwidmungen - etwa zu Geriatrie und Palliativmedizin - schmackhaft machen und dafür die auf den Weg gebrachte Krankenhausreform nutzen.

Diese sieht auch finanzielle Anreize für die Kliniken zur Umstrukturierung oder Spezialisierung vor. Werner rechnet damit, dass etwa 27 Millionen Euro solcher "Strukturmittel" nach Thüringen fließen.

Auf die Idee, Geriatrie-Abteilungen einzurichten, sind die Kliniken freilich längst selbst gekommen. Acht haben einen Antrag auf Aufnahme neuer Geriatrien in den Krankenhausplan gestellt.

Insgesamt wollen mindestens zwölf Häuser zusätzlich neue Fachabteilungen einrichten.

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