Digitalgipfel Gesundheit
Digital auch für Ärzte das neue Normal
Datenschutzstandards geben Praxischefs Leitplanken an die Hand, worum sie sich in ihrer Praxis kümmern müssen. Aber die Digitalisierung fordert noch mehr ab, hieß es beim Digital-Gipfel in Hannover.
Veröffentlicht:Hannover. Videosprechstunde, Corona-App, DIVI-Intensivregister – die Referenten des jüngsten Niedersächsischen Digitalgipfels Gesundheit haben in Hannover die Rolle der Digitalisierung für die Bewältigung der Corona-Pandemie ins Auge gefasst. „Die Corona-Krise hat einen Schub bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen gebracht, zum Beispiel bei den Videosprechstunden“, sagte etwa Dr. Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) in ihrem Grußwort. „Viele Ärztinnen und Ärzte, vor allem im hausärztlichen Bereich, nutzen die moderne Technik, um auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen und mit allen Mitteln Kontakt zu ihren Patientinnen und Patienten zu halten“, sagte die Präsidentin. Allerdings bleibe der direkte Kontakt zu den Patienten der „Goldstandard“.
„Digital ist neue Normal“
Auch Professor Jörg Debatin, Leiter des health innovation hub (hih) des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) betonte: „Wir waren gezwungen, uns wegen der Corona-Pandemie digital zu orientieren. Digital ist nun das neue Normal.“
Bis dato habe das Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn (CDU) 28 Gesetze mit digitalen Inhalten und davon sechs Gesetze mit dem Schwerpunkt Digitalisierung auf den Weg gebracht, so Debatin. Er verwies auf das enorme Wachstum der Datenverarbeitung und betonte: „Wir haben in den letzten Jahren regulatorisch viel aufgeholt. Jetzt müssen wir bei der Umsetzung Speed entwickeln“. Er forderte eine Europäische Dateninfrastruktur, „die uns unabhängig macht von Chinesischen oder amerikanischen Datenmodellen“. „Wir brauchen so etwas wie eine Europäische Cloud, die so groß ist wie Google oder Amazon, um auf Dauer mithalten zu können und die unseren Werten verpflichtet ist.“
DSGVO bringt „qualifizierte Unsicherheit“
An die Sicherheitsaspekte erinnerte Professor Fabian Schmieder, Vizepräsident der Hannover-University of Applied Sciences and Arts (HsH) und Professor für Informationstechnik, Informationsmanagement und Digitalisierung. Der Datenschutz fordere die Digitalisierung heraus und könne sie damit hemmen, betonte Schieder.
Wer digitale Anwendungen nutzt, muss laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) alle technischen und organisatorischen Maßnahmen treffen, „um ein dem Risiko angemessenes Schutzkonzept zu schaffen“. Diese Vorschrift bringe aber keine Klarheit, sondern „qualifizierte Unsicherheit“, kritisierte Schmieder. Erst recht, wenn man an das Bußgeld bei Zuwiderhandeln denkt: bis zu 10 Millionen Euro.
Schmieder: „Speziell auf Arztpraxen zugeschnittene und von den Aufsichtsbehörden genehmigte Datenschutzstandards wären vor allem für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ein Weg, um Datenschutz effektiv zu gestalten, Haftungsrisiken zu minimieren und die Digitalisierung mit Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt voranzutreiben.“