Branchenpositionspapier zur Telemedizin veröffentlicht
Digitalbranche fordert Entfesselung der Ärzte für mehr Videosprechstunden & Co
Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung mahnt unter anderem die gleichwertige Vergütung für Video- und Sprechstunde vor Ort an, um die Optionen des Digitalgesetzes zum Tragen u bringen.
Veröffentlicht:Berlin. Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung (SVDGV) fordert im Zuge des Digitalgesetzes (DigiG) mehr Planungssicherheit für Digital Health-Unternehmen, damit die Branche auch künftig innovative Anwendungen auf den Markt bringen und die Versorgung zukunftsfähig gestalten könne.
In einem am Donnerstag veröffentlichten Positionspapier zur Telemedizin fordert der Branchenverband deshalb klare Regelungen für Telemedizin, die Planungssicherheit bieten und die Integration in die Versorgung vorantreiben.
Die wesentlichen Punkte im Überblick:
Telemedizin in weitem Umfang ermöglichen: Die Aufhebung der 30-Prozent-Begrenzung für Telemedizin aus dem Digitalgesetz sei ein wichtiger Schritt, mit dem die Benachteiligung dieser Leistungsform beendet werde. „Um telemedizinische Leistungen umfassend in die Versorgungspraxis zu integrieren, müssen diese künftig in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Das bedeutet, dass Telemedizin für jeden Patienten und zu jeder Zeit ohne willkürliche Begrenzung zugänglich sein muss“, heißt es im Ppaier. So sollten Videosprechstunden und andere telemedizinische Angebote auch außerhalb der üblichen ärztlichen Sprechzeiten angeboten werden dürfen, um beispielsweise Notfallambulanzen zu entlasten und alle Facetten der Telemedizin auszuschöpfen.
Eindeutige Regelungen zur Erstattung und Vergütung: Videosprechstunden könnten die Qualität der Versorgung verbessern und gesundheitsökonomische Vorteile mit sich bringen. „Diese Vorteile sind durch eindeutige Vergütungsregelungen, innerhalb und außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, anzuerkennen. Die personenbezogene Mengenbegrenzung ist dabei aufzuheben“, lautet die diesbezügliche Branchenforderung.
Gleichwertige Vergütung für Videosprechstunde und Sprechstunde vor Ort: Bisher müssen Vertragsärzte je nach Fachgruppe pauschal bis zu 30 Prozent Abschläge auf die Grund-, Versicherten- und Konsiliarpauschale hinnehmen, wenn sie Videosprechstunden erbringen. „Dies stellt eine deutliche Benachteiligung dar, die abzuschaffen ist. Um Videosprechstunden weitreichend in der Versorgung zu verankern, ist eine Vergütungsstruktur zu schaffen, die digital durchgeführte Sprechstunden gleichwertig zu Sprechstunden vor Ort behandelt“, so das Plädoyer des SVDGV.
Überregionales Budget für Telemedizin: Telemedizin mache es möglich, überregional vorhandene Kapazitäten effizient zu nutzen – beispielsweise, indem telemedizinische Plattformen und Anbieter Nachfrage und Kapazitäten koordinieren und so den Zugang zur Versorgung verbessern. Als Anreiz für Ärzte und andere Leistungserbringer, zusätzliche Versorgungskapazitäten zur Verfügung zu stellen, bedürfe es eines überregionalen Budgets für Telemedizin. „Aus diesem sollten die Leistungen angemessen und extrabudgetär vergütet werden, ohne die Menge der durchgeführten telemedizinischen Leistungen zu begrenzen“, lautet die Handlungsempfehlung.
Unterschiedliche Vergütung für Akut- und Langzeitversorgung: Eine neue Vergütungsstruktur für telemedizinische Leistungen sollte die individuellen Vorteile der Telemedizin für die Akut- und für die Langzeitversorgung berücksichtigen und zwischen beiden Formen unterscheiden, rät der Branchenverband.
Streichung des Paragrafen 9 Heilmittelwerbegesetz: Eine konsequente Förderung von Telemedizin setze voraus, heißt es, dass eine allgemeine Information über diese Leistung möglich sei. Das bestehende Werbeverbot, das mit Paragraf 9 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) gelte, untersage Ärzten, Apothekern und Vertretern anderer Gesundheitsberufe jedoch, über ihre telemedizinischen Leistungen zu informieren und verhindere dadurch die Aufklärung von Patienten über diese Versorgungsform. „Der § 9 HWG ist ausnahmslos zu streichen, da nur so die Voraussetzungen geschaffen werden, Videosprechstunden und andere telemedizinische Leistungen regelhaft zu ermöglichen“, mahnt der SVDGV.
Anbindung an TI und Patient:innen-Identifikation: Viele Dienste der Telematikinfrastruktur (TI) seien aktuell nur über Konnektoren in der Praxis zugänglich und könnten somit nicht in Verbindung mit Videosprechstunden genutzt werden. „Um Telemedizin und lokale Versorgung eng miteinander zu verzahnen, ist eine Integration in die ePA unerlässlich. Denn der Zugriff auf eine Behandlungshistorie kann die Qualität telemedizinischer Behandlung entscheidend verbessern.Telemedizin muss deshalb bei der Weiterentwicklung der TI dringend einbezogen werden“, heißt es im Positionspapier. Es sei daher ein technisches Verfahren zu entwickeln, das die Patientenidentifikation auch aus der Ferne ermögliche zum Beispiel via CardLink – und telemedizinische Leistungen in die ePA integriere. (eb)