CeBIT

Digitale Assistenz entlastet Arztpraxen bei Routinearbeit

Immer mehr digitale Gesundheitsanwendungen finden ihren Weg auf den deutschen Markt. Auf der CeBIT diskutierten Experten, welche Ärzte davon profitieren können – und welche nicht.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Für Ärzte führt bald kein Weg mehr an der Arbeit mit Apps vorbei, meinen Experten auf der CeBIT.

Für Ärzte führt bald kein Weg mehr an der Arbeit mit Apps vorbei, meinen Experten auf der CeBIT.

© Ärzte natali_mis / Fotolia.com

HANNOVER. Müssen Ärzte die wachsende Zahl von Gesundheitsapps und anderen digitale Angeboten als Konkurrenz fürchten? Nein, ist Kinderarzt Dr. Markus Müschenich überzeugt: "Die Digitalisierung ist für gute Ärzte ein Segen, weil sie banale Aufgaben aus der Praxis fernhalten kann", erklärt der Arzt, der als Vorstand des Bundesverbands Internetmedizin, vor Kurzem auf dem Healthcare-IT-Summit bei der CeBIT in Hannover sprach. Verlieren würden nur jene, die sich von der Entwicklung abkapseln und den Patientenkontakt nur mit Blick auf die damit verbundene EBM-Pauschale sehen.

Ärzte sollten die Digitalisierung mehr als Chance denn als eine Gefahr für Honorar und beruflichen Status begreifen, zeigte sich Müschenich überzeugt. "Die Chance besteht darin, ärztliche Kompetenz und Arbeitszeit genauer dort einzusetzen, wo sie wirklich gebraucht wird", betonte Müschenich. Wer sukzessive sinnvolle digitale Mittel in der Praxis nutze, könne perspektivisch sogar junge Patienten und Renommee gewinnen.

Suchmaschine für Diagnosen

Der Mediziner ist überzeugt davon, dass Ärzte binnen weniger Jahre im Arbeitsalltag nicht mehr an Apps und digitalen Assistenzsystemen vorbeikommen werden. Das könnten neue Apps sein oder Software für den Praxis-PC. So ließen sich Diagnosen mittels neuer Programme auf evidenzbasierter medizinischer Datengrundlage schneller und sicherer fällen.

Ein Beispiel für so ein System stellte der Arzt und Unternehmer Dr. Jama Nateqi auf der CeBIT vor. Das Projekt Symptoma soll Medizinern dabei helfen, Fehldiagnosen zu vermeiden und bei der Suche nach den Ursachen der Beschwerden von Patienten unterstützen. Zu finden ist das als Suchmaschine konzipierte Angebot unter www.symptoma.com/de. "Ärzte können sich registrieren, die Symptome eingeben und nach Differenzialdiagnosen suchen. Das Ergebnis wird nach der Wahrscheinlichkeit für den jeweiligen Patienten ausgegeben", erklärte Nateqi.

Die Suchmaschine helfe dabei, diagnostisch über den Tellerrand zu Blicken, was auch das Erkennen seltener Erkrankungen beschleunige. "Es gibt mehr als 20.000 Krankheitsbilder, die kann man als Arzt nicht alle auswendig kennen. Die Technik hilft dabei, die überwältigende Informationsflut im Blick zu haben, wenn es nötig ist, um Patienten zu helfen", betonte der Gründer. Das Projekt, das Ende des Jahres 2012 auf den Markt kam, finanziert sich Nateqi zufolge inzwischen selbst. Wollen Nutzer vollen Zugriff auf die Funktionen von Symptoma, koste sie das ab 25 Euro im Monat.

Skepsis seitens der Ärzte

Die Krankheitsdatenbank sei aktuell auf dem Weg die Schwelle von 100.000 ärztlichen Nutzern zu überschreiten. Das Projekt wurde nach Unternehmensangaben von der Europäischen Kommission ausgezeichnet und gewann 2016 den Wettbewerb Founders.Fight der CeBIT. Aber: Die Akzeptanz gegenüber dem digitalen Werkzeug sei nicht immer gegeben.

Viele begriffen Diagnostik noch als ärztliche Königsdisziplin – an der solche Werkzeuge kratzen würden. Eine Denkweise, die sich nicht nur nach Ansicht Nateqis in Zukunft ändern müsse. Viele Patienten würden bei Google und Co. ganz selbstverständlich nach Krankheiten suchen. "Ärzte müssen mit dieser Entwicklung Schritt halten", bekräftigte der Vorstand des Bundesverbands Internetmedizin, Markus Müschenich.

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