Kommentar

Ein Geschäft mit der Immunität

Mit aussagestarkem Anzeigenmotiv wirbt ein Hamburger Telemedizin-Anbieter für COVID-19-Immunitätspässe, die Ärzte bestellen und an Patienten ausstellen können.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:

Mit einem Aufmerksamkeit heischenden Anzeigenmotiv wirbt die Hamburger AU-Schein GmbH für ihr neues Produkt, den „COVID-19-Immunitätspass“. Der Gründer und Geschäftsführer Can Ansay persönlich fungiert als Werbemodell, reißt für das Anzeigenmotiv mit der linken Hand seinen Mund-Nase-Schutz vom Gesicht, während die rechte Hand in stolzer Siegermanier den Immunitätspass der Kamera präsentiert. Ein Immunitätsarmband und -stempel runden die Accessoirekiste rund um das neue Produkt ab; vollmundige Versprechungen in der Pressemitteilung flankieren das Anzeigenmotiv: Passinhaber könnten wieder „freier leben“, heißt es darin, „Auslandsreisen sicherer planen und die Zahl der Todesopfer stark verringern“.

Will das Unternehmen aus der Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger Profit schlagen? Es erweckt zumindest den Anschein eines unterschwelligen Spiels mit dem Freiheitsdrang der Bürger; mit ihrem Wunsch, nach Monaten der Einschränkungen, wieder Normalität zu erleben; mit der Angst, ohne Immunitätspass vielleicht mitverantwortlich zu sein für den Tod anderer.

Dabei gerät in Vergessenheit, dass ein Immunitätspass derzeit keinerlei Vorteile und auch keine Sicherheit bringt, weil viele wissenschaftliche Fragen noch ungeklärt sind. Oder dass der Passus zum Immunitätspass, der im Entwurf zum zweiten Bevölkerungsschutzgesetz vorgesehen war, nicht verabschiedet wurde. Stattdessen hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Ethikrat um Stellungnahme gebeten – eben wegen diverser schwerwiegender Bedenken. Am Donnerstag wird sie erwartet. Kritiker haben immer wieder Bedenken geäußert, Nicht-Immune könnten im öffentlichen und gesellschaftlichen Leben benachteiligt werden.

Die AU-Schein GmbH scheint diese Bedenken jedenfalls nicht zu teilen. Ihr Immunitätspass erfülle „alle Anforderungen des am 29. April vom Kabinett beschlossenen § 22 Absatz 5 Infektionsschutzgesetz, der zurzeit vom Ethikrat geprüft wird“, heißt es ungeachtet dessen, dass dieser Passus eben nicht verabschiedet wurde.

Es spricht natürlich nichts dagegen, eine – mögliche, aber nicht sichere – Immunität zu dokumentieren. Und natürlich ist es in einer freien Wirtschaft legitim, Angebote zu schaffen und dem Bürger die Wahl zu lassen. Kritisch wird es dann, wenn aus der Verunsicherung der Bürger Profit geschlagen wird und bei Unternehmen die Kassen klingen sollen, damit Bürger sich in einer nicht gegebenen neuen Freiheit und Sicherheit wähnen. Denn eines ist der Immunitätspass – darauf macht das Unternehmen immerhin kurz aufmerksam – nicht: ein Freifahrtschein, sich entgegen der Vorschriften der Länderverordnungen zu verhalten, wie man will – Immunität hin oder her.

Lesen Sie dazu auch
Lesen sie auch
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Projekt des Innovationsfonds

Praxen in NRW werden zur ePA befragt

Glosse

Großer Bruder, kleine Uhren

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren