Nachwuchs in der Allgemeinmedizin

Ein Netzwerk für die künftige Hausärztin Antpöhler

Maxi Marlen Antpöhler hat nach ihrem Abitur sieben Jahre auf das Medizinstudium warten müssen – und ihre Erwartungen wurden zunächst enttäuscht. Nun hilft ihr die DESAM-Nachwuchsakademie für die Allgemeinmedizin auf ihrem Weg.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Maxi Marlen Antpöhler

Maxi Marlen Antpöhler hat nach sieben Jahren Wartezeit einen Medizinstudienplatz bekommen. Die ersten zwei Jahre des Studiums empfand sie als „nicht schön“.

© Daniel Reinhardt

Sieben Jahre Warten: Wer trotz dieser langen Zeit doch noch das Medizinstudium beginnt, hat hohe Erwartungen. Maxi Marlen Antpöhler hat nach ihrem Abitur so lange warten müssen und ihre Erwartungen wurden vom Studium zunächst mal enttäuscht. Lernen, lernen, lernen – ohne Hintergründe zu verstehen, ohne Patienten zu sehen, ohne den angestrebten Beruf kennenzulernen. Stattdessen permanenter Prüfungsdruck.

Maxi Antpöhler ist Medizinstudentin im 9. Semester. Sie stammt aus Bremen, studiert in Lübeck und möchte später Hausärztin möglichst in Niedersachsen oder Bremen werden. Und sie ist von der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) in deren Nachwuchsakademie für die Allgemeinmedizin aufgenommen worden.

Als Teil der aktuellen Kohorte wird sie gemeinsam mit Mitstudierenden aus ganz Deutschland regelmäßig zu jährlichen Klausurwochenenden und zum jährlichen Kongress der DEGAM an wechselnde Orte der Republik eingeladen.

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Was macht eine gute Hausärztin aus?

Sie lernt Studierende aus ganz Deutschland kennen, spricht mit schon fertigen Hausärztinnen und -ärzten und mit erfahrenen Dozenten – ein erstes Netzwerk. Diese Begleitung soll dazu beitragen, dass sie sich auf den späteren Beruf der Hausärztin besser vorbereitet fühlt.

Ein erstes Treffen im vergangenen Jahr im niedersächsischen Salzhausen diente vor allem dem Kennenlernen und der Reflektion: Was macht einen guten Hausarzt oder eine gute Hausärztin aus?

Bei vielen von ihnen, berichtet Antpöhler, bestand zum Beispiel die Sorge, sich später in der hausärztlichen Tätigkeit nicht genügend abgrenzen zu können und sich 24/7 mit den Problemen aus der Praxis zu beschäftigen.

„Es war weniger die Angst, dass andere Menschen uns über Gebühr in Anspruch nehmen, sondern dass uns selbst die Abgrenzung nicht gut gelingen könnte“, schildert Antpöhler ein zentrales Thema, um das sich die Studierenden schon beim ersten Treffen Gedanken machen.

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Späte Entscheidung fürs Medizinstudium

Aktuell hat sie noch nicht einmal den halben Weg bis zur fertigen Allgemeinmedizinerin hinter sich. Erst kurz vor dem Abitur im Jahr 2013 hatte sich Antpöhler für die Medizin entschieden. Ihre Mutter kennt als MFA die Arbeit in Arztpraxen, ihr inzwischen verrenteter Vater war Leiter der IT in der KV Bremen.

Trotz dieser Einblicke durch die Eltern fiel die Entscheidung für das Medizinstudium erst im letzten Schuljahr. „Da war es zu spät, um noch einen guten Notendurchschnitt zu schaffen. Das Medizinstudium war deshalb nur über Wartezeit möglich“, berichtet die angehende Ärztin.

Sie startete zunächst in eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin, schloss diese 2016 ab und arbeitete anschließend einige Jahre in der Notfallaufnahme des Klinikums Bremen-Mitte. Der Wunsch, Medizinerin zu werden wuchs, zugleich bekam sie genauere Vorstellungen davon, welcher Bereich es sein sollte.

„Unbedingt mit Menschen, aber ich möchte Patienten länger begleiten, als dies in der Notfallaufnahme möglich ist“, sagt Antpöhler. Und: Ihr Weg sollte gerne aus dem Krankenhaus herausführen: „Da sprach schon sehr viel für die Allgemeinmedizin“, so Antpöhler.

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2020 klappte es dann mit dem Studienplatz, sie bekam ihn in Lübeck. „Ein Glücksfall, ich hätte es mir nicht besser aussuchen können“, sagt Antpöhler. Eine übersichtliche Stadt, eine kleine Uni, ein fast familiäres Umfeld kamen ihr entgegen. Aber: Die ersten zwei Jahre waren dennoch „nicht schön“.

„Es ging fast ausschließlich darum, Stoff auswendig zu lernen. Ich wollte gerne verstehen, dafür blieb bei der Stofffülle aber keine Zeit“, schildert sie ihre ersten Jahre im Studium.

Mehr Praxisnähe, mehr Sicherheit

Inzwischen sei dies anders, die Studierenden im fortgeschrittenen Stadium könnten „mehr machen“. „Jetzt wird es besser. Man kann in unterschiedliche Fachbereiche hineinschnuppern, es wird praxisnäher und man gewinnt mehr Sicherheit.“

Antpöhler studiert gerne in Lübeck, wo fast jede jeden im Fachbereich kennt. Zum Beispiel den Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin, Professor Jost Steinhäuser. Er war es, der sie auf die Nachwuchsakademie der DESAM aufmerksam machte und ihr vorschlug, sich zu bewerben.

Der erste Austausch mit dem anderen Studierenden in der Kohorte hat sie nicht nur in der Einschätzung bestärkt, dass sie mit ihrem Studienort Glück gehabt hat, sondern auch richtig liegt mit ihrem Wunsch, Hausärztin zu werden.

Und ihre Erwartungen? Die sind seit Beginn der Wartezeit nicht kleiner geworden. „Der Beruf soll so viel Spaß machen, dass er Lebensinhalt wird, sich nicht nach Arbeit anfühlt und es egal sein wird, ob man irgendwann das Rentenalter erreicht hat.“ Wird man mit so hohen Erwartungen nicht irgendwann zwangsläufig enttäuscht?

Wenn es doch mal zu anstrengend wird, sagt Antpöhler, müsse man halt an den richtigen Stellschrauben drehen, um die Bedingungen zu ändern. Und wenn es mal langweilig werden sollte, stünden Fortbildungen und alternative Tätigkeitsfelder zur Verfügung.

Nachwuchsakademie der DESAM

Mit der Nachwuchsakademie will die Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin Medizinstudierende frühzeitig für Allgemeinmedizin und Hausarztberuf begeistern. Sie sollen „Authentische Botschafter für das Fach“ werden, heißt es.

Gelingen soll dies u. a. mittels der regelmäßigen Klausurwochenenden, zu denen die Akademie die ausgewählten Kohorten der jeweiligen Jahrgänge einlädt. So kommen Studierende aus verschiedenen Universitätsstandorten in ganz Deutschland zusammen, tauschen Erfahrungen aus,reflektieren, lernen unterschiedliche Haltungen zum Beruf kennen und arbeiten die persönlichen Perspektiven in diesem Beruf heraus.

Im Idealfall entsteht ein Netzwerk, das weit über das Studium hinaus bestehen bleibt – wie die ersten Kohorten der 2011 gegründeten Akademie zeigen. Immer mehr Absolventen sind im Beruf angekommen und tragen die Idee weiter.

Aktuell begleitet die Akademie fünf Jahrgangskohorten mit mehr als 70 Studierenden. Wer sich für das Programm interessiert, kann sich online informieren unter: www.desam.de/bewerbung

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Kommentare
Dr. Dietrich Kölsch 24.05.202508:25 Uhr

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin 60 Jahre alt, Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Ich bindest 35 Jahren approbiert und seit 26 Jahren in eigener Praxis im ländlichen Raum in Ostwürttemberg tätig. Ja, ich liebe meinen Beruf aber auch ich stehe natürlich nicht jeden Morgen glückstrahlend auf. Die Arbeitsbedingungen, 3000 Pstienten im Quartal mit einer angestellten Kollegin, sind Grenzwerten. Eine überbordende Bürokratie machen ebenso zu schaffen wie eine nicht angemessene Honorierung der Arbeit. Hier bedarf einer ausreichenden Resilienz, Frustrationstoleranz, Selbstdisziplin und Verantwortungsbewusstsein. Es reicht nicht aus, permanent Spaß im Beruf haben zu wollen und dabei nach der Work-Life-Balance zu schielen. Würde ich den Beruf wieder wählen? Uneingeschränkt ja. Das gilt auch für die Tätigkeit als Hausarzt. Ich würde allerdings, wenn ich heute beginnen wwir rüde, aufgrund der genannten Rahmenbedingungen nicht in Deutschland bleiben.

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