Traumjob

Endlich MFA - mit 48

Marion Wittner hat sich mit 48 Jahren einen Jugendtraum erfüllt. In einer internistischen Gemeinschaftspraxis hat sie ihre Ausbildung zur Medizinischen Fachangestelltenabgeschlossen. Nun will sie durchstarten.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Marion Wittner am Empfang der internistischen Praxis im Gesundheitszentrum Alzey.

Marion Wittner am Empfang der internistischen Praxis im Gesundheitszentrum Alzey.

© Wittner

Mainz. Marion Wittner hat die Prüfung zur Medizinischen Fachangestellten (MFA) bestanden. Mit der feierlichen Zeugnisübergabe durch die Ärztekammer Rheinhessen in Mainz erfüllt sich für die heute 48-Jährige ein Lebenstraum.

Dass die anderen Azubis überwiegend im Teenageralter waren, bereitete ihr keine Probleme - eher Vorteile, sagt sie.

Vor ihrer MFA-Ausbildung war Wittner bereits zwölf Jahre als Bürokauffrau und Sekretärin beschäftigt. Dann wandte sie sich für längere Zeit vom Beruf ab und allein ihren Kindern und der Familie zu. In einem Wiedereinstiegsseminar wollte sie sich 2011 schließlich wieder auf den Beruf einstellen.

Teil des Seminares waren Praktika, die bei der Orientierung helfen sollten.

"Ich fuhr jeden Tag mit dem Auto am Gesundheitszentrum Alzey vorbei, da habe ich es einfach mit einer Anfrage probiert", berichtet Wittner.

Beim Praktikum in der Gemeinschaftspraxis für Innere Medizin fing sie Feuer, wie sie sagt, weil "die Leute da wirklich viel machen können, vom Arztbrief bis hin zum Assistieren in der Endoskopie und bei ambulanten Eingriffen".

Also legte sie sich auf ihren Jugendwunschberuf fest und unterschrieb im August 2011 ihren Ausbildungsvertrag zur MFA.

Berufserfahrung brachte Pluspunkte

Bei der Frage, warum sie sich dafür entschieden habe, muss sie nicht lange überlegen. "Ich komme sinnerfüllt von der Arbeit heim, denn als gläubige Christin kann ich so auch den Menschen dienen."

Im Hinblick auf ihr Alter gab es beim Bewerbungsgespräch keine Irritationen. Die Managerin des Gesundheitszentrums sah es eher als vorteilhaft an, berichtet Wittner.

Ihre kaufmännische Berufserfahrung brachte ihr Pluspunkte in Hinblick auf die administrative Arbeit in der Praxis, und ihre Lebenserfahrung nützt ihr im Umgang mit den Patienten im hektischen Praxisalltag.

Wittners Ausbildungsstätte ist eine diabetologische Schwerpunktpraxis mit diabetologischer Fußambulanz, sie deckt ebenso die Bereiche Nephrologie, Gastroenterologie, Kardiologie sowie Angiologie ab. Behandelt werden dort etwa 2000 Patienten pro Quartal. Ein breites Aufgabenfeld, in dem die MFA rotieren.

Alle Mitarbeiterinnen und Auszubildenden werden flexibel eingesetzt. "Ich sollte jede anfallende Arbeit auch übernehmen können", erklärt Wittner. Also assistierte sie bei Punktionen, bereitete EKG vor, trug Nekrosen in der Fußambulanz ab, kümmerte sich um die Abrechnung, pflegte die Gerätschaften in der Praxis - und so manches mehr. Eintönig wurde es für sie nie.

"Außerdem konnte ich bereits von Anfang an richtig mitmischen", verrät Wittner. Nach ein paar Wochen ließen sie die Ärzte bereits in der Endoskopie assistieren.

Dort erntete sie von den Patienten überwiegend Anerkennung für ihre späte Ausbildung . Hinzu kam, so Wittner, dass sich die überwiegend älteren Patienten von reiferen Mitarbeiterinnen besser verstanden fühlen.

Verwunderte Patienten

Auch verwunderte Reaktionen gab es öfter: "Dass sie jetzt noch so einen komplexen Beruf neu erlernen!" Als komplex empfand Wittner speziell, sich auf den medizinischen Part und die Leistungsabrechnung in diesem Beruf einzustellen.

Die Arbeit an den Patienten fiel der gelernten Bürokauffrau am Anfang nicht immer leicht. Zum Beispiel die ersten venösen Zugänge: Obwohl die Patienten nach Eingriffen sediert wurden, also schliefen, gaben sie beim Endoskopieren manchmal Schmerzenslaute von sich.

"Das irritiert einen erst mal und man wird schnell zögerlich", berichtet Wittner. Auch hier half ihr die Lebenserfahrung, die Nerven zu bewahren.

Die Zusammenarbeit mit den oft erheblich jüngeren Kolleginnen ging die gelernte Kauffrau pragmatisch an. "Es braucht viel Anpassungsfähigkeit, auf ein Podest sollte man sich wegen der Lebenserfahrung nicht stellen."

Außerdem findet Wittner "aktives Zuhören" wichtig, um zwischenmenschlichen Missverständnissen vorzubeugen. "Das bedeutet, aufmerksam zuhören sowie neu Erklärtes stichpunktartig zu wiederholen, und Unverständliches direkt zu erfragen."

Unter den besten Absolventen

Zweifel an ihrer Entscheidung hatte Wittener in den drei Jahren ihrer Ausbildung selten. Nur einmal dachte sie ernsthaft darüber nach, aufzugeben und in den bereits erlernten Beruf zurückzukehren.

"Um die 700 Euro - das ist nicht viel Lohn für einen verantwortungsvollen und komplexen Beruf", sagt Wittner. Ihr Leben finanzierte sie während der Ausbildung zu großen Teilen aus dem Verkauf einer Immobilie.

Unter den 100 Prüflingen ihres Jahrganges zählt Wittner zu den neun besten Absolventen. Übernommen wurde sie im Gesundheitszentrum jedoch mangels Stellen nicht.

"Es wurde über Bedarf ausgebildet." Allerdings hat sie sich auf eine Stelle als MFA in einer Hautarztpraxis in der Nähe beworben - mit Erfolg.

Pläne für die Zukunft hat die frischgebackene MFA ebenfalls. Beispielsweise würde sie in der Zukunft gern im Ausland arbeiten - speziell für Hilfsorganisationen: "Beispielsweise für Ärzte ohne Grenzen in Afrika", sagt sie mit glänzenden Augen.

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