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Es bleibt uns immer noch das Klopapier

Medizinstudent Philipp Humbsch wundert sich, wie sinnfrei manche Pflichtveranstaltungen sind. Doch die Studierenden haben trotzdem etwas von der Teilnahme, erklärt er augenzwinkernd.

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Kritisch gefragt: "Ist das einzig Sinnvolle an mancher Uni-Veranstaltung, der warme Raum und das kostenlose Toilettenpapier?"

Kritisch gefragt: "Ist das einzig Sinnvolle an mancher Uni-Veranstaltung, der warme Raum und das kostenlose Toilettenpapier?"

© CSpindley / iStock / Thinkstock

Da sitzen wir also. Draußen ist es windig, kalt und nass – aber in unserem Seminarraum ist es kuschelig warm. Wie toll, dass uns die Uni beinahe jeden Tag hierher nötigt. Die WG spart sich die Heizkosten, da wachsen Eisblumen an den Fenstern und die Wände sind feucht. Aber meine Uni, die ist lieb, die bringt uns einmal am Tag ins Warme.

Philipp Humbsch

Es bleibt uns immer noch das Klopapier

© privat

Der Medizinstudent, Jahrgang 1991, pendelt für sein Studium jeden Tag 200 Kilometer von Frankfurt (Oder) nach Berlin und zurück.

Er arbeitet im Rettungsdienst im Landkreis Oder-Spree und außerdem als Sprechstundenhilfe bei einem Hausarzt.

Ach, könnte ich doch nur noch mehr Anwesenheitspflichten haben. Und bei der Gelegenheit auch noch mehr Prüfungen. Die zu bestehen ist zwar wichtig, aber das letzte Wort hat meine Anwesenheitskarte, und die ist, bei aller Güte und beheizten Räumen, sehr unbarmherzig.

Einprägendes Semester

Wenn ich nicht 85 Prozent der Unterschriften habe, dann gilt die Prüfung nicht, dann muss ich das nachholen, sonst komme ich nicht in den Genuss, das Semester abschließen zu dürfen. Ich muss noch mal von einem Dozenten hören, was ich eigentlich bereits bestanden habe – ganz bestimmt prägt sich das dann besser ein.

Ok, das ist zwar irgendwie schon Erwachsenenbildung, und man könnte vielleicht annehmen, dass ich keinen zusätzlichen Lernerfolg habe, wenn der Dozent da vorne stur seine Folien durchklickt, ohne Punkt und Komma redet, aber kein Strich mehr weiß, als auf den Folien steht. Aber das klingt zu sehr nach Wutbürger.

Es geht ja auch um das Zwischenmenschliche. Manchmal kann man den armen Dozenten echt bemitleiden, wenn er einem erklärt, wie schlimm es ist, dass die Uni ihn zur Lehre zwingt und die dafür nötige Zeit gar nicht richtig wertet. Da werden in den hinteren Reihen tatsächlich ein paar Augen feucht, wenn der Dozent, der PD oder Professor heißen kann, damit erklärt, dass er keine Zeit hatte, sich auf das Seminar vorzubereiten – und man deshalb keine Fragen stellen solle.

Sinnlose Anreise mit den Öffis

Mich stört das nicht, nicht die verschenkte Zeit im Seminar, nicht die Zeit für die Anreise mit den Öffis. Ich habe den warmen Raum und das Klopapier.

Wer hier an der Stelle ein wenig übertriebene Kritik zu finden glaubt, den kann ich beruhigen. Es gibt tatsächlich sinnvolle Praktika, die man nicht mal eben in der Bibliothek nachlesen kann. Und es gibt auch Seminare, die durch einen von seinem Thema begeisterten Dozenten mit soviel Verve gestaltet werden, dass man tatsächlich einen zusätzlichen Benefit aus seiner Anwesenheit zieht. Leider ist der wirkliche Mehrwert aber viel zu oft der trockene, beheizte Raum allein. Und im Sommer nicht mal das.

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