TÜV Rheinland

EuGH-Urteil im Brustimplantate-Skandal erwartet

Hunderttausende Frauen haben sich gefährliche Brustimplantate einsetzen lassen. Der Hersteller ist inzwischen insolvent. Das EuGH urteilt nun morgen darüber, ob auch andere Stellen Verantwortung tragen.

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Gefährliches Implantat? Allein in Deutschland sollen rund 5000 Frauen Brustimplantate mit Industrie-Silikon erhalten haben.

Gefährliches Implantat? Allein in Deutschland sollen rund 5000 Frauen Brustimplantate mit Industrie-Silikon erhalten haben.

© Bruno Bebert / dpa

LUXEMBURG. Der Skandal kam vor fast sieben Jahren ans Licht – doch noch immer wissen Tausende Frauen nicht, ob sie je Schmerzensgeld sehen werden. Sie hatten sich Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) einsetzen lassen, der insolvent ist. Was sie nicht ahnten: Die Kissen waren über Jahre mit billigem Industrie-Silikon gefüllt worden und extrem reißanfällig. Auch der TÜV Rheinland, der das Qualitätssicherungssystem von PIP zertifiziert hatte, wusste davon nach eigenen Angaben nichts.

Allein in Deutschland bekamen schätzungsweise mehr als 5000 Frauen die gefährlichen PIP-Implantate eingesetzt. Nun steht ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bevor.

Welcher Fall steckt hinter dem Verfahren am EuGH?

Eine Patientin aus der Vorderpfalz hat den TÜV Rheinland auf 40.000 Euro Schmerzensgeld verklagt. Vor Gericht argumentierte sie: Mit unangekündigten Kontrollen im Betrieb und Prüfungen der Implantate hätte der TÜV dem Pfusch auf die Schliche kommen können. Vor zwei Gerichten scheiterte sie, nun liegt der Fall beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Der wiederum hat den EuGH um Klärung gebeten.

Was genau möchte der Bundesgerichtshof vom EuGH klären lassen?

Der EuGH soll in seinem Urteil am Donnerstag Grundsätzliches klären: Müssen technische Prüfstellen wie der TÜV Rheinland überhaupt haften, wenn Firmen unter ihrer Kontrolle gesundheitsgefährdende Medizinprodukte auf den Markt bringen? Und wenn ja: Was müssen Prüfer unternehmen, um sicherzustellen, dass die Hersteller die einmal abgesegneten Qualitätsstandards auch einhalten?

Wie wird das Urteil voraussichtlich ausfallen?

Das bleibt abzuwarten. Eine wichtige EU-Gutachterin hat sich dafür ausgesprochen, dass Prüfstellen tatsächlich gegenüber Patienten haften müssen, wenn sie bei der Qualitätssicherung von Medizinprodukten ihre Kontrollpflichten nicht erfüllen.

Gibt es Hinweise auf mögliche Schlampereien und Gesundheitsgefahren, müssten die Prüfstellen zudem alles tun, um herauszufinden, ob eine erteilte Zertifizierung weiter gelten kann. Oft folgt das Gericht solchen Gutachten, aber nicht immer.

Welche Auswirkungen hätte es für die Branche, wenn künftig Patienten direkt von den Prüfstellen Schmerzensgeld verlangen können?

Früher konnten Patienten in der Regel Schmerzensgeld nur von Ärzten oder Medizinproduktherstellern einfordern. Wenn nach dem EuGH-Urteil künftig auch Prüfstellen haftbar wären, kämen auf diese größere Risiken zu. Vermutlich müssten sie alte Verträge mit Herstellern nachjustieren und zum Beispiel mehr Befugnisse bei Kontrollen fordern. Außerdem müssten TÜV und andere Prüfinstitute wohl neue Versicherungen für diese Art der Haftung abschließen. (dpa)

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