Krankenfahrten-Urteil

Fahrdienst darf MRSA-Patienten befördern

Um Patienten zu befördern, die mit MRSA-Keimen besiedelt sind, braucht es keinen speziellen Krankentransport, entscheidet ein Gericht – und weicht von gängigen Urteilen ab.

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Köln. Auch Fahrdienst-Unternehmen, die keine Genehmigung für Krankentransporte haben, dürfen Patienten befördern, die mit MRSA-Keimen besiedelt sind. Das geht aus einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Köln hervor, das damit ein „bahnbrechendes Urteil“ gefällt haben will, folgt man dem mit dem Fall vertrauten Rechtsanwalt Ralf Theunissen aus Gummersbach.

Der Fachanwalt für Arbeitsrecht lobt im Gespräch, dass das Gericht von der bis dato gängigen Rechtsprechung der Landes- und Oberlandesgerichte in NRW abgewichen sei. Die berief sich demnach zumeist auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom Februar 2010 (Az.: I-4 U 174/09). Das untersagte seinerzeit einem Unternehmen geschäftsmäßige Krankenfahrten mit Patienten, die mit MRSA-Erregern besiedelt sind. Dafür bräuchte es eine Genehmigung für Krankentransporte.

Krankentransportunternehmen klagt gegen Mitanbieter

Damit folgte das Gericht dem Kläger – einem Krankentransportunternehmen, das gegen die Fahrten des Mitanbieters klagte. Die Begründung: Bei Fahrten mit MRSA-Patienten handle es sich um Krankentransporte- nicht -fahrten, da besondere Hygienemaßnahmen eingehalten werden müssten, die Unternehmen im Rahmen einfacher Krankenfahrten nicht gewährleisten könnten. Wegen der besonderen Ansteckungsgefahr dürften solche Personen also nur im qualifizierten Krankentransport mit entsprechend geschultem Personal befördert werden.

„Uns ist dann aber aufgefallen, dass sich die Gerichte bisher nie auf ein Sachverständigengutachten oder auf Zeugenaussagen beriefen, sondern allein auf zwischenzeitlich überholte ‚Ausführungen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW‘ von 2008“, so Rechtsanwalt Theunissen. In den Entscheidungsgründen sei außerdem nie dargelegt worden, woraus der Senat seine medizinischen Erkenntnisse gewonnen hatte.

Landgericht weist Klage ab

Das Landgericht Köln hat sich diesen Bedenken angeschlossen. Es holte zunächst ein entsprechendes Sachverständigengutachten ein. Dessen Botschaft schien eindeutig: Sowohl in seinem Gutachten als auch während der Anhörung hatte der Experte dem Gericht zufolge wohl nachvollziehbar dargelegt, dass für den Transport von MRSA-Patienten keine besonderen Hygiene-Maßnahmen erforderlich sind. Es gebe wohl auch keine Bedenken, die gegen eine Beförderung dieser Personen im Rahmen einer Krankenfahrt sprechen. „Mit dieser Begründung hat das Landgericht Köln dann die Klage abgewiesen“, erklärt Theunissen.

Auch das OLG Köln hatte in einem anschließenden Berufungsverfahren signalisiert, dass an der bisherigen Rechtssprechung nicht mehr festzuhalten sei. Auf diesen Hinweis hin nahm der Kläger die Berufung zurück. (mu)

Das Gesetz unterscheidet:

  • Rettungsfahrten für Notfallfallpatienten, die aufgrund ihres Zustands mit einem qualifizierten Rettungsmittel befördert werden müssen oder der Eintritt eines derartigen Zustands während des Transports zu erwarten ist.
  • Krankentransporte für Patienten, die während des Transports eine fachliche Betreuung brauchen oder wenn diese im Laufe des Transports zu erwarten ist.
  • Krankenfahrten sind Personenbeförderungen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen durchgeführt werden.
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