"Fick dich" kostet Oberarzt nicht den Job

Ein Oberarzt, der im Streit mit einer Assistenzärztin die Schimpfworte "Leck mich, fick dich" gebraucht, darf deshalb nicht fristlos gekündigt werden. Eine Abmahnung reicht aus, so das Landesarbeitsgericht Chemnitz.

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Fristlose Kündigung: Selbst bei scharfen Beleidigungen, muss erst einmal eine Abmahnung her.

Fristlose Kündigung: Selbst bei scharfen Beleidigungen, muss erst einmal eine Abmahnung her.

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CHEMNITZ (mwo). Äußert ein Klinikarzt gegenüber einer weiblichen Kollegin die Worte "leck mich, fick dich", so liegt darin eine nicht entschuldbare sexuelle Belästigung.

Dennoch muss das nicht unbedingt den Job kosten; eine Abmahnung reicht gegebenenfalls aus, heißt es in einem jetzt veröffentlichten Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (LAG) in Chemnitz.

Das Gericht hob damit die Kündigung gegen einen Oberarzt aus dem Raum Dresden auf.

Form und Lautstärke der Beleidigung waren Kündigungsgrund

Der Arzt war am Bett eines Patienten und vor Pflegern und Schwestern mit einer Assistenzärztin in Streit geraten. Der Oberarzt wies die Assistenzärztin auf fachliche Mängel hin und äußerte dabei, dass sie den Patienten gefährde.

Die beiden setzten das Gespräch schließlich im Zimmer des Oberarztes fort. Als die Assistenzärztin das Zimmer schon verlassen hatte, sagte der Oberarzt in größerer Entfernung auf dem Gang: "Leck mich, fick dich".

Eine von ihm wohl nicht bemerkte Krankenschwester hörte dies zufällig mit. Das Krankenhaus nahm Form und Lautstärke der Äußerungen vor den Patienten und nicht zuletzt auch die vulgären Ausdrücke zum Anlass für eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung.

Die Würde der Assistenzärztin verletzt

Doch die Vorwürfe wiegen nicht so schwer, dass sie die Kündigung rechtfertigen, urteilte das LAG. Zwar seien die Worte "leck mich, fick dich" ein "die Würde der Assistenzärztin am Arbeitsplatz verletzendes sexuell bestimmtes Verhalten". Doch habe der Oberarzt dies nicht direkt zu der Ärztin, sondern wohl mehr zu sich selbst gesagt.

Zu intensiven Belästigungen oder gar Tätlichkeiten sei es nicht gekommen. Nach elfjähriger Betriebszugehörigkeit sei dies der erste Vorfall dieser Art gewesen.

Und der Oberarzt, dessen handwerklich gute Arbeit als Herzchirurg die Richter anmerkten, habe sich selbst bei seiner Kollegin entschuldigt. Das Krankenhaus wurde daher dazu verurteilt, den Oberarzt weiter in Vollzeit zu beschäftigen.

Nach alledem sei davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer gewillt sei, derartiges Verhalten künftig zu unterlassen, so das Landesarbeitsgericht weiter. Daher sei eine Kündigung nicht erforderlich, um weiteres Fehlverhalten zu unterbinden.

Nur dies, und nicht eine Strafe, seien aber die Rechtfertigung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Eine Abmahnung reiche im Streitfall daher aus, urteilte das LAG. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Az.: 3 Sa 461/10

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