Crowd-Investing

Finanzierung aus vielen Händen

Mit einer Investmentplattform im Internet will das Start-up Finnest investitionsbedürftige Unternehmer und potenzielle Geldgeber auf unkonventionelle Art zusammenbringen. Auch für Ärzte könnte das interessant sein.

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht:
Bei der Crowdfunding-Plattform Finnest investiert ein Anleger durchschnittlich 7000 Euro in ein Unternehmen.

Bei der Crowdfunding-Plattform Finnest investiert ein Anleger durchschnittlich 7000 Euro in ein Unternehmen.

© Helder Almeida / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Eine Finanzierung ganz ohne Bankdarlehen verspricht das österreichische Start-up "Finnest", das sich nun auch auf dem deutschen Markt etablieren will. Für Unternehmen klingt das verlockend, Finnest will aber ebenso Investoren ködern – mit hohen Zinssätzen.

Die Struktur von Finnest sei denkbar einfach, erklärt Jörg Bartussek, einer der Gründer des Start-ups. "Wir bieten eine Online-Plattform für Crowd-Investing, auf der sich Investoren und Unternehmer treffen können."

Unternehmer stellten sich auf der Finnest-Webseite mit einem Portfolio vor und interessierte Investoren, die "Crowd", könnten dann über einen bestimmten Zeitraum – meist vier Wochen – ihr Investitionsangebot abgeben, also welche Summe sie anlegen wollen und welchen jährlichen Fixzins sie dafür möchten.

"Das Unternehmen selbst kann dann schlussendlich unter den Investitionsgeboten diejenigen heraussuchen, die die besten Bedingungen bieten", so Bartussek.

Nicht ohne Risiko

Werde schließlich ein Vertrag – der Bartusseks Angaben zufolge von einer Rechtskanzlei aufgesetzt wird – zwischen Unternehmen und Investoren abgeschlossen, laufe die Finanzierungsphase meist über drei bis fünf Jahre. "Ist die Finanzierung des Unternehmens erfolgreich, erhält der Investor jedes Jahr die vereinbarten Fixzinsen und anschließend sein Geld zurück."

Bartussek nennt aber auch die Risiken für Investoren: "Es kann sein, dass ein Unternehmen innerhalb des Zeitraums Insolvenz anmelden muss, dann ist das investierte Geld natürlich weg." Häufig stammten die Investoren sogar aus dem Umfeld des Unternehmens, so Bartussek.

"In Österreich hat sich der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels zur Aufrechterhaltung der Blutgerinnung auf unserer Plattform vorgestellt und die gewünschte Investitionssumme auch zusammenbekommen. Die Anleger waren zumeist Partnerärzte des Unternehmens", berichtet er.

Das erste deutsche Unternehmen, das sich derzeit auf der Plattform um Investitionen bemüht, ist der Software-Hersteller Risus, der unter anderem personalisierte Softwarelösungen für die Dokumentation in Pflegeheimen entwickelt.

Für die Geldgeber sei die Investition wegen der Zinsen interessant, meint Bartussek: "Der jährliche Fixzins liegt bei vier bis sechs Prozent der eingesetzten Summe, das ist im Vergleich mit anderen Anlagemöglichkeiten schon gut." Und für das Unternehmen, das sich um eine Finanzierung bewerbe, ergäben sich Alternativen zu Bankdarlehen.

"Selbst Firmen, die finanziell gut dastehen, haben es nach der Finanzkrise bei Banken schwer." Der Fokus der Crowd-Investing- Plattform liege auf mittelständischen Unternehmen, die bereits mehrere Jahre existierten und einen jährlichen Umsatz von mindestens zehn Millionen Euro aufwiesen, betont Bartussek.

Hier seien allerdings auch Abweichungen möglich, im ein oder anderen Fall könne er sich vorstellen, dass sich auch niedergelassene Ärzte mit Projekten wie der Anschaffung eines Sonografiegeräts um eine Finanzierung bewerben könnten. "Das hängt dann davon ab, ob es besagte Praxis lange genug gibt, sie genügend Umsatz erwirtschaftet und sie zudem weiter profitabel wächst."

Bonitätsnachweis gefordert

Die Unternehmen, die auf der Finnest-Plattform vertreten sind, seien gut aufgestellt und müssten ihre Finanzkraft auch belegen, sagt Bartussek. "Das Unternehmen muss testierte Jahresabschlüsse der letzten zwei bis drei Jahre vorlegen", erklärt er.

Erforderlich seien zudem ein Geschäftsbericht und Kennzahlen, die die Historie des Unternehmens darlegen oder wie die Mitarbeiterzahl.

Hinzu kämen die Bonitätsprüfung einer Rating-Agentur und in Deutschland die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Vermögensinformationsblattes bei der Bundesanstalt für Finanzdienstaufsichtsleistung (BaFin). All diese Unterlagen seien auf der Plattform auch für interessierte Investoren einsehbar, die sich bei Finnest registriert hätten.

Nicht jedes Unternehmen, dass sich um eine Finanzierung bewerbe, könne sich schlussendlich auf der Online-Plattform präsentieren, so der Finnest-Gründer. "Wir sichten die Unterlagen und treffen eine Vorauswahl. Nur jedes 50. Unternehmen erfüllt unsere Kriterien und kann sich den Investoren präsentieren."

Service ist nicht kostenfrei

Ganz umsonst ist die Plattform dabei freilich nicht. Wird ein Vertrag zwischen Investoren und Unternehmen geschlossen, erhält Finnest vom Unternehmen einmalig 2,75 Prozent der aufgenommenen Summe, mindestens jedoch 9500 Euro.

"Damit liegen wir bei den Kosten zwar nur knapp unter den Kosten, die ein Unternehmen bei einem Bankdarlehen aufbringen müsste. Allerdings erhält es die rechtliche Unterstützung beim Abschluss eines Vertrages und eine Finanzierungsberatung", meint Bartussek.

Unabhängig von diesen Kosten trägt das Unternehmen die im Zusammenhang mit Crowd-Investing anfallenden Kosten für gesetzlichen Vorgaben– in Deutschland also die Kosten für das Vermögensinformationsblatt.

Auch die Investoren werden bei erfolgreichem Abschluss zur Kasse gebeten: Einmalig ein Prozent der Darlehenssumme müssen sie an Finnest zahlen, mindestens jedoch 25 Euro.

Crowd-Investing

Finanzierungsform, bei der viele Anleger (die "Crowd") unterschiedlich hohe Beträge in ein Unternehmen investieren und zu bestimmten Fixzinsen am Erfolg beteiligt werden.

Den Anleger locken meist die hohen Zinssätze, allerdings besteht auch das Risiko, bei der Investition die gesamte Anlagesumme zu verlieren.

Für das Unternehmen ergeben sich mit Crowd-Investing alternative Finanzierungsformen abseits von Bankdarlehen.

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