Gute Anamnese mindert Klagerisiko

NEU-ISENBURG (juk). Eine sorgfältige Anamnese ist für die Thromboseprophylaxe unabdingbar. Das zeigen unter anderem Fälle, mit denen sich die Gutachterkommissionen der Schlichtungsstellen regelmäßig beschäftigen müssen.

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Eine Allgemeinärztin sah sich beispielsweise in der KV Nordrhein mit dem Vorwurf eines Behandlungsfehlers konfrontiert. Anlass dafür gab der Fall einer Patientin, die über Schmerzen zwischen den Schulterblättern beim tiefen Einatmen und beim Husten, später auch über blutigen Auswurf klagte.

Der zunächst aufgesuchte Internist fragte bei der Untersuchung nicht nach vorangegangenen Thrombosen. Anders die Hausärztin, die einen Tag später bei ihrer Anamnese von älteren Beinvenenthrombosen erfuhr.

Die Ärztin veranlasste daraufhin weitere Untersuchungen sowie die Einweisung ins Krankenhaus - und hatte damit nach Ansicht der Gutachterkommission alles richtig gemacht. Einen Behandlungsfehler sah sie bei der Hausärztin - im Gegensatz zum Internisten - nicht.

In vielen Gerichtsprozessen, berichtet Rechtsanwältin Dr. Tonja Gaibler, ist die ordnungsgemäße Anamnese der Dreh- und Angelpunkt. "Oft fehlten den Ärzten die Informationen, um das Thrombose-Risiko für die Patienten überhaupt richtig einschätzen zu können. Eine sorgfältige Anamneseerhebung ist deshalb besonders wichtig", sagt die Arztrechtlerin von der Kanzlei Ulsenheimer und Friederich in München.

Fehler bei der Thromboseprophylaxe beschäftigen zunehmend Schlichtungsstellen und Gerichte, weil zum einen Eingriffe immer öfter ambulant erfolgen und zum anderen die Liegezeiten in den Kliniken verkürzt werden.

Letzteres führt dazu, dass Risikopatienten von den Hausärzten weiter betreut werden müssen. Gerichtliche Auseinandersetzungen drehen sich hier immer wieder darum, dass die Prophylaxe angeblich zu früh beendet wurde.

In Thrombose-Prozessen haben Ärzte übrigens ziemlich häufig schlechte Karten: "Die Sachverständigen kommen oft zu dem Ergebnis, dass ein grober Behandlungsfehler vorliegt", berichtet Dr. Tonja Gaibler. Grund dafür sind vor allem die Leitlinien, die zwar rechtlich nicht verbindlich sind, aber immerhin von 18 Fachgesellschaften abgestimmt wurden - und relativ klare Handlungsanweisungen geben.

"Daran orientieren sich die Sachverständigen natürlich", so Gaibler. Und auch eine falsche Dosierung des Heparins wird in der Regel wegen eigentlich klarer Vorgaben der Hersteller häufig als grober Behandlungsfehler eingestuft.

Die Folge für beklagte Ärzte im Prozess bei einem groben Behandlungsfehler: "Sie müssen beweisen, dass etwa die Embolie auch bei adäquater Prophylaxe aufgetreten wäre", erklärt Gaibler. "Und das ist fast unmöglich."

Prophylaxe-Fehler sind oft grobe Behandlungsfehler.

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