Schottdorf

Justiz weist Vorwürfe zurück

Die bayerische Justiz soll tausende Ärzte geschont haben, die im Verdacht standen bei der Abrechnung von Laborleistungen betrogen zu haben. Vorwürfe, die Justizvertreter nicht auf sich sitzen lassen.

Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Hochrangige Vertreter der bayerischen Justiz haben vor dem Rechtsausschuss des Bayerischen Landtags Vorwürfe zurückgewiesen, man habe Ermittlungsverfahren gegen Ärzte, gegen die wegen des Verdachts der betrügerischen Abrechnung von Laborleistungen ermittelt worden war, vor fünf Jahren vorschnell und auf Weisung von "oben" eingestellt.

Bei den Ermittlungen sei die Staatsanwaltschaft auf eine Abrechnungspraxis gestoßen, "die aus unserer Sicht eindeutig gegen ärztliches Gebührenrecht verstößt", erklärte der Leiter der Strafrechtsabteilung des Bayerischen Justizministeriums, Dr. Helmut Seitz, vor dem Ausschuss.

Bei wirtschaftlicher Betrachtung seien jedoch kein Patient und keine Krankenversicherung geschädigt worden. Es habe sich um ordnungsgemäß durchgeführte Laboruntersuchungen gehandelt, bei denen allerdings der einsendende Arzt nach der GOÄ direkt mit dem Patienten abgerechnet habe, während das Labor Schottdorf dem Arzt einen geringeren Preis in Rechnung gestellt hätte, erläuterte Seitz.

Das verstoße zwar eindeutig gegen die Vorgaben. Ein Verstoß gegen die Gebührenordnung sei aber nicht ohne Weiteres ein strafbarer Betrug, so Seitz über die Gründe, die Ermittlungen Ende 2009 einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft habe die Schuld der betroffenen Ärzte als gering angesehen und die Verfahren gegen Geldauflage eingestellt.

Keine Ermittlungen gegen 10.000 Ärzte

Weitere Maßnahmen, die eine Verjährung unterbrochen hätten, wie Durchsuchungen und die Beschlagnahme von Patientenunterlagen seien angesichts dieser Situation nicht verhältnismäßig gewesen, zumal das Bundesverfassungsgericht besonders hohe Anforderungen an solche Maßnahmen stelle, erklärte Seitz.

Dass der Bundesgerichtshof im Januar 2012 in einem Revisionsverfahren gegen einen betrügerisch abrechnenden Arzt zu einer anderen Ansicht kam, sei damals nicht absehbar gewesen.

"Aus heutiger Sicht und in Kenntnis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 2012 befriedigt das vorliegende Ergebnis nicht", sagte Seitz.

Die Darstellung, dass das Landeskriminalamt gegen bundesweit rund 10.000 Ärzte ermittelt habe, sei nicht richtig.

Die Zahl ergebe sich aus der Kundendatei des Labors Schottdorf, in der auch Kliniken und andere Einrichtungen sind. Dabei handele es sich um überwiegend Unverdächtige. Am Ende bleibe eine Zahl von etwa 3.000 "verdächtigbaren" Ärzten, aber auch diese Zahl sei nicht belastbar, so Seitz.

Nachdrücklich wies der Behördenvertreter den Vorwurf zurück, der Augsburger Laborarzt Schottdorf werde von der Justiz "geschont". Gegen Schottdorf sei wiederholt ermittelt worden.

Aktuell liege dem Landgericht Augsburg eine Anklage wegen Betrugs vor. Das Hauptverfahren sei eröffnet. Die Verhandlungen werden voraussichtlich 2015 beginnen. (sto)

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