Zyto-Verträge

Kassen pochen auf Exklusivbindung während Übergangsfrist

Zwischen Krankenkassen und Rechtsaufsicht bahnt sich ein massiver Konflikt an. Streitpunkt ist der übergangsweise Fortbestand der exklusiven Bindungswirkung von Rabattverträgen zur Zytostatikaversorgung.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Verabreichung einer Zytostatika-Infusion.

Verabreichung einer Zytostatika-Infusion.

© Kzenon / Fotolia.com

BERLIN. Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG), das unmittelbar vor Inkrafttreten steht – die Verkündung im Bundesgesetzblatt wird in ein bis zwei Wochen erwartet –, hat der Gesetzgeber unter anderem Rabattvereinbarungen zwischen Kassen und Apotheken über Zytostatikazubereitungen einen Riegel vorgeschoben (wir berichteten).

Allerdings wurde zu einem relativ späten Zeitpunkt im Gesetzgebungsverfahren, nämlich erst Anfang März, nach der abschließenden Beratung im Gesundheitsausschuss noch eine Übergangsfrist ins Gesetz geschrieben, während der Altverträge weiterhin Bestand haben. Demnach werden sie drei Monate nach Inkrafttreten des AMVSG "unwirksam". Nach Ansicht der Kassen bleibt mit den Altverträgen aber auch deren Exklusivbindung während der Übergangsfrist intakt.

Dagegen vertritt das Bundesgesundheitsministerium die Auffassung, dass die Exklusivbindung der Altverträge sofort mit Inkrafttreten des AMVSG erlischt. Unmissverständlich heißt es dazu in einer Klarstellung der Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz, "der Wegfall gilt ab Inkrafttreten des AMVSG".

Am Dienstag dieser Woche meldete sich in gleicher Sache der CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge zu Wort und kritisierte die Absicht der Kostenträger, auf die Exklusivbindung der Rabattverträge noch drei Monate lang zu bestehen, als "Rechtsbruch mit Ansage". Denn dass die Übergangsfrist zwar für die Verträge gelten soll, nicht aber für deren Exklusivbindung, sei seit langem bekannt gewesen, heißt es zur Erläuterung aus dem Abgeordnetenbüro Sorges. Trotzdem hätten einige Kassen sogar noch auf den letzten Drücker Rabattverträge mit Zytostatika zubereitenden Apotheken geschlossen, um die Übergangsfrist auszunutzen. CDU-Politiker Sorge fordert nun ein Einschreiten der Rechtsaufsicht – je nach Kassenart des Bundesgesundheitsministeriums oder des Bundesversicherungsamtes.

Von Kassenseite wird kein Hehl daraus gemacht, Erstattungsanforderungen über Zytostatika-Zubereitungen komplett retaxieren zu wollen, wenn sie von Apotheken stammen, die keine Rabattpartner sind. Die Exklusivbindung sei essenzieller Bestandteil von Rabattverträgen, betonte ein Sprecher der Barmer gegenüber dieser Zeitung. Sinngemäß heißt es in einem Schreiben des Ersatzkassenverbands vdek an den Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker: "Für Apotheken, die keinen Zuschlag in einem Exklusiv-Ausschreibungsverfahren gewonnen haben, gilt weiterhin, dass sie für die Lieferung von parenteralen Zubereitungen während der Vertragslaufzeit keinen Vergütungsanspruch erwerben. Ein Wegfall der Exklusivität der Verträge ist durch die Neuregelung im AMVSG nicht vorgesehen und würde der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangsfrist für die Weitergeltung zuwiderlaufen".

Dass mit den Verträgen auch deren Exklusivbindung bis Fristablauf andauert, sei gleichlautend die Auffassung der übrigen Kassen, die mit Apotheken Zyto-Rabattverträge geschlossen haben, versicherte der Barmer-Sprecher. Dazu zählen mehrere AOKen, die DAK sowie die Techniker Krankenkasse.

Etwa 300 Apotheken

nehmen bundesweit an der Versorgung mit patientenindividuell zubereiteten Zytostatika- Infusionen teil. Das sind gerade einmal 1,5 Prozent aller öffentlichen Apotheken. Voraussetzung zur Teilnahme an der patientenindividuellen Fertigung ist eine aufwändige Reinraumtechnologie.

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