Einigung

Klinik zahlt Rekord-Abfindung für Kunstfehler

550.000 Euro Abfindung erhält ein Patient, dem infolge von Behandlungsfehlern ein Bein amputiert werden musste. Gutachter unterstellen dem behandelten Krankenhaus, zu lange untätig geblieben zu sein.

Von Friederike Krieger Veröffentlicht:
Stillschweigen über Kunstfehler? Das Evangelische Krankenhaus in Bergisch Gladbach hat sich jedenfalls mit einem Patienten auf 550000 Euro Abfindung geeinigt.

Stillschweigen über Kunstfehler? Das Evangelische Krankenhaus in Bergisch Gladbach hat sich jedenfalls mit einem Patienten auf 550000 Euro Abfindung geeinigt.

© DDRockstar / Fotolia

KÖLN. Das Evangelische Krankenhaus Bergisch Gladbach (EVK) hat sich in einem Vergleich vor dem Landgericht (LG) Köln mit einem Patienten darauf geeinigt, ihm eine Rekord-Abfindung von 550.000 Euro zu zahlen (Az.: 25 O 331/16). Dem Mann hatte nach einer Gefäßbehandlung im EVK das linke Bein amputiert werden müssen.

Der Patient war 2012 wegen Durchblutungsstörungen in die Klinik gegangen. Er wurde zunächst mit einer Viabahn-Endoprothese behandelt. 2013 kam es dreimal zu Thrombosen. Dann wurde ihm ein Veneninterponat eingesetzt, das aber später riss. Schließlich wurde der Patient in die Uni-Klinik verlegt, wobei er fast verblutet wäre. Vier Tage später musste ihm das Bein amputiert werden.

Nachdem bereits ein fachärztliches Sachverständigengutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen dem EVK Behandlungsfehler attestiert hatte, schloss sich auch ein vom Landgericht beauftragter Sachverständiger dieser Einschätzung an. Insbesondere kritisierte er, dass das Krankenhaus zu lange untätig geblieben sei.

Untätigkeit kritisiert

Es hätte ein anderes Gefäßzentrum ansprechen oder selbst die Initiative ergreifen und versuchen sollen, einen künstlichen Bypass zu legen. Das EVK bedauert, dass es bei der Behandlung des Patienten zu Komplikationen mit gesundheitlichen Folgen gekommen ist. „Der Patient wurde nach den seinerzeitigen medizinischen Standards behandelt“, sagte eine Sprecherin. „Ein zwischenzeitlicher Behandlungswechsel hätte möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt. Dies lässt sich jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit belegen.“

Vorwürfe gibt es auch gegenüber dem Haftpflichtversicherer der Klinik. Trotz der Eindeutigkeit des Sachverhaltes sei der Versicherer nicht bereit gewesen, in Verhandlung zu treten, moniert Kläger-Anwalt Malte Oehlschläger. Deshalb habe der Prozess geführt werden müssen.

Laut Ecclesia, dem Versicherungsmakler des Krankenhauses, hat es sich um eine langwierige und sehr schwierige Behandlung einer Gefäßerkrankung gehandelt. „Aus unseren Unterlagen ergibt sich, dass die Frage der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit in diesem Fall trotz Gutachten nicht eindeutig geklärt war“, erläuterte ein Sprecher. „Deshalb hat sich der Versicherer dazu entschlossen, das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden.“ Eine Tendenz, dass trotz eindeutigen Sachverhalts immer mehr Prozesse geführt werden, sieht er nicht.

Deutlich höhere Summe als bisher

Bei den 550.000 Euro, die dem Patienten zugesprochen worden sind, handelt es sich um eine sehr hohe Entschädigungssumme. Laut der sogenannten Celler Schmerzensgeldtabelle lag die höchste Summe für die Amputation eines Beins bisher bei 35.000 Euro. „Bei der Höhe der Entschädigungssumme ist zu beachten, dass es sich nicht allein um Schmerzensgeld, sondern um eine Vielzahl von Einzelansprüchen zum Ausgleich zum Beispiel von Erwerbsschäden und sonstigen anlassbezogenen Mehraufwendungen handelt, die in einer Summe zusammengefasst worden sind“, teilte das EVK mit.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!