Frühgeborene / Uniklinik Ulm
Krankenschwester bestreitet Vorwurf, Morphin verabreicht zu haben
In Ulm wurden Frühgeborenen ohne medizinische Notwendigkeit Morphin verabreicht. Gibt es Parallelen zu einem ähnlichen Fall in Marburg?
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Eine Krankenschwester an der Uni-Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Ulm wird verdächtigt, hier Frühgeborenen ohne jede medizinische Notwendigkeit Morphin verabreicht zu haben.
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Ulm. Eine Krankenschwester des Uniklinikum Ulms bestreitet nach Angaben der Staatsanwaltschaft, mehreren Frühgeborenen ohne jede medizinische Notwendigkeit Morphin verabreicht zu haben. Im Spind der Frau im Universitätsklinikum sei allerdings eine Spritze entdeckt worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag in Ulm mit. Der Inhalt: Muttermilch mit Morphin vermischt.
Gegen die Frau sei Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung erlassen worden, so der Leiter der Ulmer Staatsanwaltschaft, Christof Lehr. Sie habe „umfassende Angaben gemacht“. Ob ihr jemand die Spritze untergeschoben hat, sei nicht ausgeschlossen. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagte Bernhard Weber, Chef einer 35-köpfigen Ermittlungsgruppe beim Ulmer Polizeipräsidium.
Urinproben lösen Verdacht aus
Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch das Universitätsklinikum – Wochen nach dem medizinischen Alarmfall. Am 17. Januar erstattete die Klinikleitung Anzeige, nachdem sich in Urinproben der Kinder Rückstände von Morphium fanden. „Das Universitätsklinikum kooperiert vollumfänglich mit den ermittelnden Behörden und stellt alle gewünschten Unterlagen zur Verfügung“, teilte die Uni mit. Es sei ein Krisenstab gebildet worden.
„Wir bedauern es sehr, dass es zu einem solchen Zwischenfall gekommen ist und entschuldigen uns ausdrücklich bei den Eltern und Kindern dafür“, erklärten die Ärztlichen Direktoren des Klinikums und der Kinderklinik, die Professoren Udo Kaisers und Klaus-Michael Debatin.
Motiv noch unklar
Doch was könnte die Verdächtige dazu getrieben haben, wehrlose Säuglinge mit Morphium in eine lebensbedrohliche Situation zu bringen und womöglich deren Tod billigend in Kauf zu nehmen? Das Motiv sei bislang nicht bekannt, erklären die Ermittler. „Wir stehen noch weitgehend am Anfang“, sagte Weber.
Anhaltspunkte könnten sich vielleicht aus dem Studium eines anscheinend ähnlichen Falls im Uniklinikum Marburg ergeben. Dort hatte eine Kinderkrankenschwester zwischen Dezember 2015 und Februar 2016 drei frühgeborenen Mädchen ärztlich nicht verordnete Beruhigungs- und Narkosemittel verabreicht.
Ende November 2019 wurde sie wegen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. „Wir sind tatsächlich im Kontakt mit den dortigen Ermittlern, vielleicht helfen uns deren Erfahrungen“, sagte ein Sprecher der Ulmer Staatsanwaltschaft. (dpa)