Versorgung

Leistungen nach Atomtests in Kasachstan

Das Bundessozialgericht spricht Zwangsumgesiedelten Anspruch auf Versorgungsleistungen zu.

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KASSEL. Zwangsumgesiedelte Wolgadeutsche, die nach dem Krieg nahe des sowjetischen Atomwaffen-Testgeländes in Kasachstan leben mussten, können laut Bundessozialgericht (BSG) Versorgungsansprüche wegen dadurch erlittener Gesundheitsschäden haben.

Die Eltern des heute 71-jährigen Klägers waren Wolgadeutsche. Sie wurden 1941 zwangsweise nach Kasachstan umgesiedelt. Dort wurde der Kläger 1947 geboren.

Die Familie lebte in einer Sondersiedlung. Sie stand dort bis 1956 unter Kommandanturaufsicht und durfte die Siedlung nicht verlassen. In der Nähe befand sich das Atomwaffen-Testgelände der Sowjetunion, die dort von 1949 bis 1991 nukleare Bomben testete.

1996 kam der Kläger als Spätaussiedler nach Deutschland. 2008 beantragte er in Schleswig-Holstein Versorgungsleistungen. Aufgrund der früheren Strahlenbelastung sei es inzwischen zu dauerhaften Gesundheitsschäden gekommen. Auch nach 1956 hätten er und seine Familie die Siedlung nicht verlassen dürfen.

Die Versorgungsbehörden lehnten den Antrag ab. Auch die Klage hatte zunächst keinen Erfolg. Die Familie sei zwar bis 1956 interniert gewesen.

Die Strahlung durch die Atomwaffen-Tests gehöre aber nicht zu den "der Internierung eigentümlichen Verhältnissen", die Versorgungsleistungen begründen könnten, so das Landessozialgericht Schleswig.

Dem widersprach das BSG. Die Familie sei als Wolgadeutsche zwangsweise deportiert worden und habe die Siedlung unter Strafandrohung nicht verlassen dürfen. Daher sei die Familie "wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit" interniert und deshalb der gefährlichen Strahlung "schutzlos ausgeliefert" gewesen.

Weil die Vorinstanzen dies noch anders gesehen hatten, hatten sie gar nicht erst geprüft, welche strahlenbedingten Gesundheitsschäden bei dem Kläger vorliegen. Dies soll das LSG Schleswig nun noch nachholen. (mwo)

Az.: B 9 V 2/17 R

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