Fehlanreize in der Klinik

Leitende Ärzte gegen Op-Boni

Klinikärzte als Verkäufer von Kniegelenken? Krankenhausärzte warnen vor der Ökonomisierung der Kliniken und fordern Kurskorrekturen. Die Politik soll es richten.

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Harte Arbeit am Kniegelenk: Der VLK will nicht, dass Boni mit im Spiel sind.

Harte Arbeit am Kniegelenk: Der VLK will nicht, dass Boni mit im Spiel sind.

© Mathias Ernert

BERLIN (sun). Der Verband Leitender Krankenhausärzte (VLK) hat vor einer zunehmenden Ökonomisierung der Krankenhäuser gewarnt.

"Ethisch verantwortungsbewusste Medizin kennt keinen Verkauf von Kniegelenken und Wirbelsäulenversteifungen zur Gewinnmaximierung in Krankenhäusern", sagte Verbandspräsident, Professor Hans Weiser anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Verbandes in Berlin.

Das bestehende Vergütungssystem in der stationären Versorgung unterstütze Fehlanreize: Um der zunehmenden Ökonomisierung der Kliniken entgegen zu wirken, sollten daher Krankenhausärzte keine Boni mehr erhalten, wenn sie eine besonders hohe Zahl von Operationen vornehmen.

35 bis 40 Prozent der neuen Verträge der Klinikärzte seien jedoch inzwischen so ausgerichtet. Insgesamt gebe es etwa 40.000 Chefärzte in Deutschland.

Allerdings richtet sich die Kritik nicht per se gegen Boni: "Aber das wirtschaftliche Risiko der Krankenhäuser darf nicht auf die Ärzte verlagert werden", sagte Weiser.

Masterplan Gesundheit gefordert

Der VLK wolle sich nicht grundsätzlich dem Wettbewerb entziehen, "aber der Wettbewerb in der Medizin braucht andere Parameter als sie uns von der klassischen Ökonomie vorgegeben werden", betonte Weiser.

Der Wettbewerb soll lediglich an anderen Parametern ansetzen: Zum Beispiel solle in Zukunft eine leistungsorientierte ärztlich stationäre Vergütung stärker an medizinisch sinnvollen Messparameter orientiert werden, so der Vorschlag des VLK.

"Die Senkung von Komplikationen in einem Krankenhaus oder von Infektionsratenkönnte beispielsweise ein Kriterium sein", betonte Weiser. Möglich sei es auch, eine "ausgezeichnete Mitarbeiterführung und -fortbildung oder die Verringerung des Krankenstandes in der eigenen Abteilung als Messlatte für die Honorierung zu nehmen.

Aus Sicht der Klinikärzte sind daher grundlegende Kurskorrekturen notwendig. Bislang kämpften alle Akteure - ob Kassen, Ärzte oder Versicherte - im Gesundheitswesen um "ein möglichst großes Stück des Verteilungskuchens", so Weiser.

Dieser Missstand müsse aufgelöst werden. Die Politik sei gefordert, entsprechende Korrekturen einzuläuten. Das Bundesgesundheitsministerium müsse dafür eine Strategiekonferenz einberufen, die einen Masterplan Gesundheit erstellt.

Auf deren Basis könnte ein realistischer Umsetzungsplan entwickelt werden, betonte Weiser.

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