Digitalisierung

Ludewig: „Wir müssen aufhören mit absurden Diskussionen um Datenschutz“

Nächste Woche übergibt der Sachverständigenrat sein Gutachten zur Digitalisierung. Nun hat BMG-Abteilungsleiter Ludewig nochmals betont, dass Datenschutz digitale Anwendungen nicht blockieren darf.

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Ohne Datenschutz ist alles nichts – aber mit zu viel Datenschutz ist es auch nicht besser. Das gilt auch für digitale Anwendungen im Gesundheitswesen, sagt Digitalisierungs-Abteilungsleiter Dr. Gottfried Ludewig aus dem BMG.

Ohne Datenschutz ist alles nichts – aber mit zu viel Datenschutz ist es auch nicht besser. Das gilt auch für digitale Anwendungen im Gesundheitswesen, sagt Digitalisierungs-Abteilungsleiter Dr. Gottfried Ludewig aus dem BMG.

© sdecoret / stock.adobe.com

Köln. Deutschland braucht ein neues Verständnis der Datennutzung im Gesundheitswesen, findet Dr. Gottfried Ludewig, Leiter der Abteilung „Digitalisierung und Innovation“ im Bundesgesundheitsministerium. „Alle unsere Diskussion beginnen damit, was verboten ist, und keine damit, was man eigentlich mit den Daten machen kann“, sagte Ludwig auf einer Online-Konferenz des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig. „Wir stehen noch am Anfang des Abwägungsprozesses, dass Datenschutz uns nicht daran hindern darf, bessere Medizin zu machen.“

Hierzulande werde auf Datenschutz großen Wert gelegt, und das sei auch richtig. „Aber mein Eindruck ist, dass die Debatte häufig nur von denen geführt wird, die die Risiken der Datennutzung betonen.“ Ludewig sieht insbesondere Forschungseinrichtungen, die mit den Daten arbeiten, in der Pflicht, sich aktiv in die Debatte einzubringen.

Es könne nicht sein, dass es zwar eine europäische Datenschutzgrundverordnung gebe, in Deutschland aber 16 Landesdatenschutzbeauftragte sie jeweils unterschiedlich auslegen. „16 Datenschützer brauchen drei Jahre, um ein einheitliches Formular zu machen“, kritisierte er.

Apple Heart Study: In 48 Stunden fast 400.000 Teilnehmer

Vieles geht ihm in Deutschland zu langsam. Dabei dränge die Zeit. „Der Fortschritt in dieser Welt wartet nicht darauf, dass das Sozialgesetzbuch V verändert wird.“

Nach Einschätzung von Ludewig befindet sich das Gesundheitswesen durch die Digitalisierung in einem der radikalsten Umbrüche seit vielen Jahrzehnten. Die Behandlung werde schneller, effektiver und preiswerter.

Ein Beispiel dafür, wie sich die Datenerhebung in Zukunft entwickeln kann, ist für ihn die Apple Heart Study zum Vorhofflimmern. Über die Apple Watch seien innerhalb von weniger als 48 Stunden fast 400.000 Teilnehmer rekrutiert worden, die Studie habe wichtige Erkenntnisse geliefert. „Real world evidence“ sei offenbar doch nicht nur ein Schlagwort.

Die Qualität der Gesundheitsversorgung wird sich in allen Bereichen durch die Digitalisierung radikal verändern, erwartet Ludewig. „Die Digitalisierung wird aber nie einen Arzt ersetzen.“

Apps sind mehr als Spielerei

Deutschland sei mit der Erstattungsfähigkeit der digitalen Gesundheitsanwendungen, der Apps auf Rezept, Vorreiter. Die Apps würden von vielen als Spielerei gesehen. Aber: „In vielen Jahren wird es für uns selbstverständlich sein, dass chronische Krankheiten ohne digitale Wegbegleiter nicht mehr zu managen sind“, prognostizierte er.

Hier sei schon viel erreicht worden, ohne dass dies ausreichend Beachtung finde. Das gilt seiner Meinung nach auch für die Standardisierung von Daten. „Wir haben die Grundlage geschaffen, Daten für Deutschland zu standardisieren und damit verknüpfbar und auswertbar zu machen.“

Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen haben Deutschland und Europa gegenüber den USA und Asien noch eine große Chance, glaubt er. „Wir können es schaffen, aber wir schaffen es nur dann, wenn wir uns auf den Hosenboden setzen und aufhören mit irgendwelchen absurden Diskussionen.“ (iss)

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