Investitionsbarometer

Modernisierungsbedarf in Praxen wächst

Die Investitionsbereitschaft deutscher Ärzte ist konstant hoch. Doch welche Ziele stehen dabei, neben technischem Fortschritt und Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs, im Fokus? Das Investitionsbarometer aus der Frühjahrsumfrage 2017 von Springer Medizin und Deutsche Bank liefert Antworten.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. Es ist fast paradox: Seit Jahren zeigen die Zahlen des Praxis-Panels des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), dass die Investitionstätigkeit in deutschen Praxen eher schwach ist. Abzulesen an sinkenden Abschreibungen (AfA), Aufwendungen für Leasing und zurückgehenden Investitionsaufwendungen – trotz gut gehender Konjunktur.

Ganz anders, jedenfalls auf den ersten Blick, das Bild, das die Frühjahrsumfrage 2017 vermittelt, eine Initiative von Springer Medizin, zu dem auch die "Ärzte Zeitung" gehört, und Deutsche Bank. Demnach planen 57 Prozent der Teilnehmer, in den kommenden drei Jahren in ihre Praxis zu investieren, nahezu jeder fünfte Teilnehmer hat sogar ein aktuelles Investitionsvorhaben, das er kurzfristig realisieren wird.

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Seit 2015 befragen die Fachverlagsgruppe und die Deutsche Bank zweimal im Jahr niedergelassene Ärzte nach ihren Plänen für Investitionen in die Praxis. Zusätzlich wird zudem die Meinung zu einem aktuellen Thema abgefragt. In diesem Frühjahr haben sich 417 Haus-, Fach- und Zahnärzte an der Umfrage beteiligt. Abgesehen von den Plänen zu Investitionen, dem Investitionsbarometer, wurde zum aktuell viel diskutierten Thema Kooperation und Scheinselbstständigkeit gefragt.

Bei Betrachtung der Entwicklung seit 2015 fällt auf, dass die Investitionsbereitschaft seit dem vergangenen Jahr relativ konstant auf hohem Niveau von über 50 Prozent liegt. Im Vergleich zum Herbst 2016 ist der Anteil der Ärzte mit Investitionsplänen sogar nochmals um vier Prozentpunkte gestiegen. Ein Widerspruch zu den Daten des Zentralinstituts? Nicht unbedingt! "Bedarf und Bereitschaft zur Investition sind absolut gegeben. Viele setzen ihre Investitionspläne jedoch nicht in die Realität um", erklärt Nina Dabringhausen vom Zielgruppenmanagement Heilberufe der Deutschen Bank.

Wettbewerb verstärkt Anreize

Dass der Bedarf, in die Praxis zu investieren, vorhanden ist und sogar steigt, zeigen weitere Ergebnisse aus der Frühjahrsumfrage: So ist der Anteil der Ärzte, die Ersatzinvestitionen planen, um alte Geräte zu ersetzen, seit Frühjahr 2016 von sechs auf zehn Prozent im Herbst 2016 gestiegen und hat sich im Frühjahr 2017 auf jetzt 19 Prozent der Teilnehmer nochmals fast verdoppelt. Insgesamt 55 Prozent der Ärzte, die Investitionen planen, wollen in neue Geräte oder in den Ersatz alter Geräte investieren.

Ebenfalls abzulesen: Der generelle Investitionsbedarf, insbesondere in Medizintechnik, ist in wettbewerbsintensiven Regionen und Fachgruppen nochmals höher. So liegt der Anteil der Ärzte, die investieren wollen, in Groß- und Mittelstädten bei fast zwei Drittel der Teilnehmer. Neue Geräte und Ersatzinvestitionen stehen bei Ärzten aus diesen Regionen in den Investitionsplänen mit über 60 Prozent ebenfalls hoch im Kurs.

Gestiegener Bedarf an Investitionen ist bei der Modernisierung der Praxis-EDV und der IT-Vernetzung zu erkennen, hier hat es im Vergleich zum Herbst einen Anstieg um acht Prozentpunkte auf 35 Prozent gegeben – offenbar schlägt sich der bevorstehende Online-Rollout der Gesundheitskarte bereits nieder.

Doch was hemmt Ärzte, in ihre Praxis zu investieren? Nach den Ergebnissen der Umfrage sind es vor allem die Unsicherheit darüber, ob Investitionen sich am Ende betriebswirtschaftlich auszahlen, sowie Zweifel über zukünftige Honorarpotenziale. Beide Investitionshemmnisse bereiten allerdings im Vergleich zu früheren Umfragen weniger Ärzten Sorgen. So sprachen im Herbst 2015 noch 46 Prozent der Ärzte von Unsicherheit beim Honorar als Investitionshemmnis in diesem Frühjahr nur noch 27 Prozent. Sogar 53 Prozent der Ärzte befürchteten 2015 noch, Investitionen würden sich nicht amortisieren. Im Frühjahr 2017 sind es nur noch 35 Prozent.

Nina Dabringhausen sieht hier nach wie vor erheblichen Aufklärungsbedarf und eine mögliche Lösung: "Zur Vorbereitung auf Gespräche mit Bank- und Steuerberater sowie zur eigenen Entscheidungsfindung können Ärzte zur ersten Indikation eigenständig Amortisationsrechner nutzen, die bei der Bewertung einer Investition in medizinische Geräte unterstützen", so Dabringhausen. Die Deutsche Bank beispielsweise biete mit dem InvestitionsCheck ein solches Tool fachgruppenspezifisch für insgesamt 423 Geräte seit Herbst 2016 auf ihrem HeilberufePortal an.

Medizinischer Nutzen im Blick

Bei den Zielen, die Ärzte mit geplanten Investitionen verfolgen, liegt laut Umfrage die Steigerung von Arbeitszufriedenheit bei Praxisinhaber und -mitarbeitern an erster Stelle (41 Prozent), gefolgt von höherer Patientenzufriedenheit und Patientenbindung (37 Prozent) sowie einer Steigerung des medizinischen Nutzens (36 Prozent). Etwas mehr als jeder fünfte Arzt will mit Investitionen die Praxis auf die Übergabe vorbereiten. Dieser Anteil ist seit 2015 laut der aktuellen Umfrage gestiegen. Die Investitionsplanung zielt darauf ab, die Chancen bei der Suche nach einem Praxisübernehmer zu erhöhen.

Immerhin fast ein Viertel der Praxisinhaber sieht die bevorstehende Praxisabgabe als Hemmnis für Investitionen an. "Ärzte, die ihren potenziellen Nachfolgern eine in die Jahre gekommene Praxiseinrichtung und Medizintechnik anbieten, müssen sich nicht wundern, wenn sie die Praxis schwer verkaufen können", kommentiert Nina Dabringhausen. Es könne sich durchaus auszahlen, vor dem Verkauf "die Braut etwas hübsch zu machen".

Veränderungen beim Investitionsbarometer ergaben sich auch bei der Art der Finanzierung einer geplanten Investition: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer möchte die geplanten Investitionen in die Praxis aus Eigenmitteln finanzieren. "Es ist unter Umständen jedoch nicht immer sinnvoll, eigene Mittel aufzuwenden um Ausstattung für die Praxis anzuschaffen", sagt Nina Dabringhausen. Nicht nur wegen der aktuell günstigen Zinsen, sondern auch wegen der steuersparenden Effekte von Zinszahlungen bei Investitionen in die Praxis könne es sinnvoll sein, über ein passendes Finanzierungskonzept nachzudenken. Anders als beim Bau eines Eigenheims bestehe bei Praxisinvestitionen die Möglichkeit, Zinszahlungen abzusetzen.

Nur zehn Prozent der Ärzte wollen bei der Finanzierung ihrer Investition auf öffentliche Fördermittel zurückgreifen. Das könnte auch daran liegen, dass sich lediglich 31 Prozent gut über die verschiedenen Fördermöglichkeiten informiert fühlen, wie die Umfrage ebenfalls ergeben hat. Existenzgründungsprogramme von KVen, Bundesländern oder von Förderbanken und nicht zuletzt das Energie-Effizienzprogramm der KfW könnten die Investitionsbudgets kräftig entlasten, sagt Nina Dabringhausen. "Jede Investitionsplanung braucht letztlich ein passgenaues Finanzierungskonzept, kein Konzept aus der Schublade", resümiert die Heilberufe Expertin.

Frühjahrsumfrage

» Titel der Umfrage: Kooperation mit Kollegen – Mitunternehmer oder angestellter Arzt?

» Initiatoren: Springer Medizin und Deutsche Bank (www.deutsche-bank.de/ heilberufe)

» Befragungszeitraum: Anfang bis Mitte Mai

» Teilnehmer: 417 Haus- und Fachärzte

Lesen Sie alle Ergebnisse der Umfrage unter: www.aerztezeitung.de/extras/fruehjahrsumfrage17

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