Welt-Nichtraucher-Tag

Raucherentwöhnung in der Praxis: Tipps von Charité-Experten fürs Patientengespräch

Was hilft dabei, mit dem Rauchen aufzuhören? Welche Ratschläge können Ärzte ihren Patienten mit auf den Weg geben? Zwei Psychologinnen der Charité erzählen, wie Tabakentzug gelingen kann.

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Weg mit dem Glimmstängel: Raucher benötigen meistens mehrere Anläufe, bis sie auf Zigaretten verzichten können.

Weg mit dem Glimmstängel: Raucher benötigen meistens mehrere Anläufe, bis sie auf Zigaretten verzichten können.

© dpa

Berlin. Am 31. Mai ist Welt-Nichtraucher-Tag. Vielleicht ein guter Starttermin, um mit dem Rauchen aufzuhören. Was dabei hilft, erzählen die Psychologinnen Marina Hinßen und Professorin Getraud Stadler von der Berliner Charité. Die Erkenntnisse können Ärzte und Ärztinnen auch für das Patientengespräch nutzen.

Eins vorweg: Oft sind mehrere Versuche nötig. Statistisch gesehen sei eine Kombination aus Nikotinersatztherapie und Unterstützung – in speziellen Gruppen oder auf andere Weise – das erfolgversprechendste, sagt Hinßen, die die Rauchprävention und das Rauchpräventionsprojekt „nachvorn“ an der Charité leitet.

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Das Frankfurter Institut für Suchtforschung hatte 2022 knapp 6.200 Raucher und Ex-Raucher befragt. Auf die Frage, was ihnen beim Abgewöhnen half, nannten über 2.000 Teilnehmer ihre Willenskraft. Auf Platz zwei lag die Unterstützung des sozialen Umfelds. Eine Nikotinersatztherapie war nur für gut 1.000 Befragte der Gamechanger.

Was motiviert Aussteiger?

Der Umfrage zufolge benötigten diejenigen, die mit dem Rauchen aufgehört hatten, im Mittel etwa vier ernsthafte Rauchstopp-Versuche. Der Wendepunkt war demnach oft eine Krankheit oder bei Frauen eine Schwangerschaft. Manche hörten auch für die Kinder, Enkelkinder oder Partner auf. Eine häufig genannte Motivation war „schlechter Geruch“.

Was hilft beim Durchhalten?

Der erste Schritt sei ein Rauchstopp-Datum, sagt Stadler, Leiterin Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité. Bedingungen wie ein anstehender Urlaub mit Ortswechsel seien hilfreich. „Alles was hilft, Gewohnheiten zu brechen.“

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Die ersten Tage könnten von starken Entzugserscheinungen geprägt sein. Soziale Unterstützung, Ermutigung, Lob seien wichtig in dieser Zeit, erklärt Stadler. Auch für den Partner sei das keine einfache Zeit, die rauchende Person sei sehr irritierbar und zeige auch körperliche Symptome wie Schwitzen.

Ablenkung und Spaziergänge seien hilfreich. Nikotinpflaster und -kaugummis können helfen, die Gewohnheit vom Verhalten zu entkoppeln und das Nikotin auszuschleichen, wie Stadler sagt.

Viele Teilnehmer der Frankfurter Studie fanden Ersatzhandlungen hilfreich: Neben Essen und Sport wurden zum Beispiel „fünf Liegestütze, wenn ich das Verlangen habe, zu rauchen“ und „am Aschenbecher riechen“ genannt.

Wann sind die Chancen am größten?

Fast jeder schaffe es irgendwann, mit dem Rauchen aufzuhören, sagt Hinßen. „Wenn ich wirklich mental frei und unabhängig sein will, dann funktioniert das natürlich darüber, dass ich das Ganze positiv ersetze und dass ich wirklich meine Strukturen und Gewohnheiten verändere.“ Verhaltensbezogene Ansätze seien wichtiger als der Fokus auf die Nikotinabhängigkeit.

Helfen E-Zigaretten?

Eine eindeutige Antwort darauf gebe es nicht, sagt Hinßen. Zwar seien die Erfolgschancen statistisch betrachtet etwas höher als ohne, wenn man mit einer nikotinhaltigen E-Zigarette aufhöre, Tabakzigaretten zu rauchen. Ein großer Teil bleibe dann aber bei der E-Zigarette und habe seine Sucht im Grunde nur verlagert: Die Nikotinabhängigkeit besteht weiter. Und: Auch E-Zigaretten haben ersten Studienergebnissen zufolge gesundheitliche Folgen.

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Was ist über die Risiken von E-Zigaretten bekannt?

Zwar seien die Schadstoffmengen in E-Zigaretten insgesamt geringer als in Tabakzigaretten, sie beeinträchtigten aber trotzdem die Atemwege und belasteten das Herz-Kreislauf-System, sagt Hinßen. Zudem gebe es beim Verdampfungsprozess freiwerdende Stoffe, über deren gesundheitliche Auswirkungen noch wenig bekannt sei – weil es bisher an Langzeitstudien mangelt.

Die Belastung der Umgebung sei beim Vapen geringer, ergänzt Stadler. Man erwarte auch, dass durch die geringere Menge krebserregender Stoffe weniger Lungenkrebs und weniger andere Krebsarten sowie weniger Herzkreislauf-Belastung resultierten. Gleichzeitig wisse man aber eben nicht, ob es zugleich durch andere Stoffe erhöhte Risiken gebe. „Bei der Verharmlosung von E-Zigaretten sollte man schon ein ganz großes Fragezeichen machen.“

Nicotin und Vareniclin können verordnet werden

Vor kurzem hat im übrigen der Gemeinsame Bundesausschuss festgelegt, wann eine schwere Tabakabhängigkeit vorliegt und welche Anforderungen Entwöhnungsprogramme erfüllen müssen, damit sie als evidenzbasiert gelten. Damit können ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte betroffenen gesetzlich Versicherten künftig Arzneimittel mit den Wirkstoffen Nicotin und Vareniclin verordnen. Eine Kombination dieser Wirkstoffe darf allerdings nicht verordnet werden. Der G-BA-Beschluss ist noch nicht in Kraft getreten, er wird noch vom Bundesgesundheitsministerium geprüft. (dpa/eb)

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