Frühwarnsystem

Software gleicht Umwelt- und Krankheitsdaten ab

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KARLSRUHE. Eine Softwarearchitektur zur Frühwarnung vor möglichen Gesundheitsschäden durch Umwelteinflüsse präsentiert das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) auf der diesjährigen Computermesse CeBIT vom 10. bis 14. März in Hannover.

Das EU-Projekt mit dem sperrigen Namen EO2HEAVEN sollen die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Erkrankungen erforscht und Prognosemodelle entwickelt werden, beispielsweise um Epidemien zu vermeiden. Im Rahmen des Projekts wurden 3 Fallstudien untersucht:

In Dresden der Zusammenhang zwischen Luftqualität - gemessen an Temperatur, Feinstaub und Ozon - und Herz-Kreislauf-Erkrankungen,

im südafrikanischen Durban der Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung in einem Industriegebiet und Asthma sowie in Uganda der Einfluss diverser Umweltfaktoren auf Cholera-Epidemien.

Visualisierung in Gefahrenkarten

Dafür entwickelten die Forscher am IOSB ein Computerprogramm, mit dem sich Umwelt- und Gesundheitsdaten abgleichen und grafisch darstellen lassen. "Die Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren konnten wir damit erstmals in Gefahrenkarten visualisieren und damit ein besseres Verständnis der komplexen Zusammenhänge schaffen", erläutert Projektkoordinator Dr. Kym Watson.

Was das konkret heißt, erläutert Watson am Beispiel Cholera in Uganda. Diese bakterielle Krankheit wird in erster Linie durch Wasser übertragen.

Die Projektpartner messen zum einen mit Sensoren Umweltparameter wie Niederschlag, Sonneneinstrahlung oder pH-Wert, Temperatur und Nährstoffkonzentration im Wasser. Auch Wetter- und Klimaprognosen fließen in die Analyse ein.

Zum anderen erfassen die Forscher in Krankenhäusern und bei Ärzten mit mobilen Anwendungen Gesundheitsdaten zu Cholerafällen: etwa, welche Symptome auftreten oder wo sich die Patienten aufgehalten haben.

Mit Hilfe der neuen Software werden diese Fälle auf einer digitalen Landkarte als rote Punkte dargestellt und durch die Wechselbeziehung mit den Umweltdaten deren räumliche und zeitliche Ausbreitung dokumentiert.

Zukunftsmusik: Individuelle Gefahren-App

Über diese Darstellung könnten beispielsweise Krankenhäuser und Ärzte regional besser vorgewarnt werden. Die Behörden in Uganda hätten durch die Visualisierung "zum ersten Mal die volle Bedeutung der Choleraausbrüche erkannt", heißt es. Vorher seien Einzelfälle nur schriftlich in Listen erfasst worden.

Langfristig wäre vorstellbar, dass mit dem Programm etwa Asthmatiker über eine App ihr persönliches Profil anlegen.

Kym Watson erklärt das Prinzip so: "Dort können sie definieren, ab welchen Schwellenwerten sie etwa allergisch auf Pollenflug oder Luftqualitätswerte reagieren. Werden diese hinterlegten Daten dann mit gemessenen Umweltdaten abgeglichen, kann jeder seine ganz persönliche Gefahrenkarte einsehen oder wird gar von der App gewarnt, wenn die Schwellenwerte überschritten sind".

Doch wie immer, wenn es um Datenverarbeitung geht, geht es auch um Datenschutz. Eine der zentralen Herausforderungen, um das IT-gestützte Frühwarnsystem umzusetzen, sei daher die anonymisierte Datenaufbereitung.

Das Cholera-Frühwarnsystem realisieren die Forscher in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und der National Oceanic and Atmospheric Administration NOAA.

Kym Watson: "Derzeit sind wir noch auf der Suche nach Sponsoren beziehungsweise Finanzquellen. Wahrscheinlich wird es noch zwei bis fünf Jahre dauern, bis die Lösung systematisch von Entscheidern und Wissenschaftlern genutzt wird." (eb)

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