Offener Brief
Stiftung Kindergesundheit fürchtet Versorgungsengpässe bei Medizinprodukten
In einem Schreiben an EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides fordern kindermedizinische Verbände ein EU-weites Überwachungssystem, um den Zugang zu Medizinprodukten für Kinder sicherzustellen.
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Dialysegeräte für Kinder könnten bald Mangelware sein. Viele Kliniken setzen inzwischen ihre Restbestände ein.
© Henning Kaiser / dpa / picture alliance
München. Zusammen mit einer großen Gruppe führender europäischer Verbände aus dem Bereich der Kindermedizin hat sich die Stiftung Kindergesundheit am Dienstag in einem offenen Brief an EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides gewandt. Darin fordern die Organisationen dazu auf, den Zugang von Kindern und Patienten mit seltenen Krankheiten zu lebenswichtigen Medizinprodukten sicherzustellen. Zu den Unterzeichnern gehören u. a. die European Academy of Paediatrics (EAP) und die European Confederation of Primary Care Paediatricians (ECPCP).
„Die aktuelle Situation ist äußerst besorgniserregend. Wir sehen uns als medizinische Verbände in der Verantwortung, uns für den Schutz und die Versorgung dieser vulnerablen Patientengruppen einzusetzen“, sagt Professor Berthold Koletzko, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. Er und die anderen Unterzeichner sehen die Versorgung der verletzlichsten Mitglieder unserer Gesellschaft in Gefahr. Es geht um die EU-Medizinprodukteverordnung (MDR). 2017 in Kraft getreten, ist diese seit Mai 2021 gültig. Die Übergangsbestimmungen dauern noch bis Ende 2028 an.
Produkte für Kinder werden vom Markt genommen
Die Richtlinie soll die Sicherheit von Medizinprodukten durch ein verändertes Zulassungsverfahren verbessern. Allerdings führt die Umsetzung dieser Verordnung zu sehr hohen Kosten und einem langwierigen Zulassungsprozess, der 18 bis 24 Monate dauern kann. Bei Medizinprodukten für Kinder, die nur in geringen Stückzahlen verkauft werden, könnten die Hersteller diese hohen Regulierungskosten nicht decken, heißt es in dem Brief. Deshalb würden solche Produkte vom Markt genommen, obwohl sie für eine Behandlung bei bestimmten Erkrankungen unverzichtbar sind.
Diese Situation habe bereits heute Auswirkungen auf die Patientenversorgung. So seien beispielsweise bestimmte lebensrettende Medizinprodukte für Neugeborene mit angeborenen Herzfehlern nicht mehr am Markt verfügbar und die behandelnden Kliniken können nur noch ihre Restbestände einsetzen. Für jüngere Kinder mit Nierenerkrankungen im Endstadium droht ein Versorgungsengpass mit altersgerechten Dialysegeräten.
Die Politik müsse dringend und umgehend Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass diese Medizinprodukte verfügbar blieben. Neben Übergangslösungen brauche es ein EU-weites Überwachungssystem, um das Verschwinden oder den Mangel an bestimmten Medizinprodukten zu erkennen sowie schnelle und kostengünstige Prüfverfahren für hochrisikoreiche Medizinprodukte. (eb)