Streuung als Airbag-Strategie fürs Depot?

Kann das Aufteilen des Investments über verschiedene Anlageklassen das Risiko für Anleger minimieren, wenn es mal wieder zu einer Krise kommt? Im Prinzip ja, so lautet der kleinste gemeinsame Experten-Konsens.

Von Jürgen Lutz Veröffentlicht:
Schützt Diversifizierung beim Börsencrash?

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© Dmitry Vereshchagin/Fotolia.com

Wer im Herbst 1998 deutsche Standardaktien bei einem Dax-Stand von rund 4500 Zählern kaufte und im Depot behielt, schlug mit seinem Depot nach einer jahrelangen fulminanten Rallye im Frühjahr 2003 hart in den roten Zahlen auf - der Verlust lag bei 45 Prozent. Anleger, die nicht kapitulierten, bekamen mit der nächsten Aktienhausse, die den Index erneut auf 8000 Punkte führte, eine zweite Chance.

Doch auch von den Höhen des Jahres 2007 ging es steil nach unten - auf 3600 Zähler im Frühjahr 2009. Seither läuft eine Erholung des Aktienmarkts, die dem Investor ein Plus von fast 50 Prozent bescherte.

Doch nicht jeder hat beim Timing so ein glückliches Händchen. Denn: "Anleger kaufen oft dann, wenn die Stimmung in Bezug auf eine Anlageklasse besonders positiv ist - das ist aber selten der Zeitpunkt, der Erfolg verspricht", sagt Lothar Koch, unabhängiger Vermögensverwalter und Inhaber der Spektrum-Finanzberatung in Langballig.

Wer also im Zenit des Optimismus im Jahr 2000 zugriff, verbucht selbst nach einem Jahrzehnt der Dauerinvestition 18 Prozent Verlust, wenn er inzwischen nicht zu schlechteren Kursen verkauft hat.

Für manch anderen Experten aus der Finanzwelt hat das Auf und Ab der Aktienmärkte aber auch gute Seiten. So heben einige Profis hervor, dass viele Anleger auf diese Weise gelernt hätten, wie sinnvoll es sei, das Vermögen auf mehrere Anlageklassen zu streuen.

Diese Strategie könnte die Gesamtrendite steigern, ohne das Gesamtrisiko im Depot zu erhöhen, führen unabhängige Vermögensverwalter argumentativ ins Feld. Mit diesem Vorgehen stützen sich Finanzprofis auf die moderne Portfolio-Theorie von Harry Markowitz - wobei sie das Anlagespektrum aber deutlich ausdehnen.

Portfolio-Theorie von Markowitz

Harry Markowitz begründete in den 1950er-Jahren die moderne Portfolio-Theorie, wofür er 1990 mit dem Nobelpreis für Ökonomie ausgezeichnet wurde.

Das Ziel seiner Theorie war es, zu bestimmen, welche und wie viele Wertpapiere in ein Portfolio aufzunehmen sind, um für den Anleger ein optimales Verhältnis von Rendite und Risiko zu ermöglichen. Dazu entwickelte er ein Risikomaß, um den Nutzen der Streuung des Kapitals auf mehrere Anlageklassen zu messen.

Wichtigste Erkenntnis: Durch die Streuung entfällt unter bestimmten Bedingungen ein Teil des Risikos, ohne dass gleichzeitig die Rendite geschmälert wird.

Hatte Markowitz in den 1950er-Jahren vor allem US-amerikanische Aktien und Anleihen im Blick, so rät mancher Experte, neben Aktien und Anleihen auch nicht traditionelle Ertragsquellen ins Depot zu nehmen. Dazu zählen bei den Sachwertanlagen Immobilien, Agrar- und Waldflächen, Rohstoffe und Edelmetalle, bei den rentenähnlichen Investments sind es etwa Mikrokreditfonds und Währungen.

Als Grund wird angeführt, dass diese Anlageklassen einen geringen Gleichlauf zu Aktien aufweisen und daher die Entwicklung des Gesamtdepots stabilisieren könnten. Dadurch könne man die Depotentwicklung stärker von den Finanzmarkttrends abkoppeln und sogar von fallenden Aktienmärkten profitieren.

Der Abkopplungs-These mag Vermögensverwalter Koch nicht so recht folgen. Zwar hält auch er die Streuung des Kapitals auf Aktien, Rohstoffe, Edelmetalle und Anleihen "auf jeden Fall für sinnvoll", da sie in den meisten Marktphasen das Risiko reduziert und Sicherheit schafft. Aber: "In Zeiten der Krise zeigt sich, dass es sich oft nur um eine scheinbare Unabhängigkeit handelt.

So kamen in der Finanzkrise 2008 Aktien, Rohstoffe, Immobilien, Hochzins-Anleihen, Gold und der Euro unter die Räder ", erinnert Koch. Nur die Kurse der deutschen Staatsanleihen legten in der Hochphase der Krise zu, hatten zuvor aber nachgegeben.

Für Koch liegt die Konsequenz aus diesen Fakten auf der Hand: Die Streuung mit einem fixen Verhältnis der Anlageklassen allein reicht nicht aus. "Privatanleger wie Finanzprofis müssen die Diversifikation mit einem aktiven Management ihrer Depots ergänzen. Wenn Aktien keine gute Phase haben, muss man daher auch mal bereit sein, die Quote auf null zu fahren", so der Vermögensverwalter.

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