Mietrecht

Vermieter muss Beleidigung erdulden

Eine Wohnungs-Kündigung darf nicht zu schweren Gesundheitsschäden führen. Eine 97-jährige Mieterin kann deshalb trotz Beleidigung der Vermieterin durch ihren Pfleger wohnen bleiben.

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KARLSRUHE. Selbst wenn der Betreuer einer pflegebedürftigen alten Frau deren Vermieterin als "Terroristen" und "nazi-ähnlichen braunen Misthaufen" beschimpft, kann die Kündigung des Mietverhältnisses unzulässig sein. Das gilt jedenfalls dann, so der Bundesgerichtshof, wenn der Mieterin durch die Kündigung schwere Gesundheitliche Nachteile drohen.

Im konkreten Fall wollte eine Vermieterin eine 97-jährige demente und bettlägerige Frau auf die Straße setzen. Die Frau wohnt bereits seit über 60 Jahren in ihrer Dreizimmerwohnung in München-Schwabing. 1963 hatte sie im gleichen Haus und Stockwerk zusätzlich noch eine Einzimmerwohnung angemietet. Mit Einverständnis der Vermieterin durfte der Betreuer der Frau ab 2000 in dieser Einzimmerwohnung wohnen. Er kümmert sich um ihre rechtlichen Angelegenheiten und pflegt sie ganztägig.

Doch als es immer wieder zu unpünktlichen Mietzahlungen und Lärmstörungen kam, kündigte die Vermieterin, ohne dies zunächst weiter zu verfolgen. Der Betreuer reagierte jedoch mit E-Mails an die Hausverwaltung erbost und unter der Gürtellinie. Er beschimpfte die Vermieterin auf das Gröbste. Deswegen kündigte sie fristlos.

Wie nun der BGH entschied, ist in solchen Fällen eine Kündigung zwar grundsätzlich zulässig. Die Mieterin müsse sich die Aussagen ihres Betreuers zurechnen lassen. Allerdings habe die Vorinstanz nicht geprüft, ob der 97-Jährigen durch die fristlose Wohnungskündigung "schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr" drohen, weil sie nicht mehr in ihrer vertrauten Umgebung bleiben kann. Dann habe das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit Vorrang. Das Landgericht soll daher nun prüfen, ob und wenn ja welche Gesundheitsrisiken bestehen. (fl/mwo)

Bundesgerichtshof

Az.: VIII ZR 73/16

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