RX-Preisbindung

Versand rezeptpflichtiger Mittel soll verboten werden

Wird das Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen die deutsche Arzneimittelpreisbindung zum Bumerang für Versandapotheken? – Die CDU will den Rx-Versand verbieten. In der SPD regt sich Widerstand.

Anno FrickeVon Anno Fricke und Christoph WinnatChristoph Winnat Veröffentlicht:

BERLIN. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bereitet einen Gesetzentwurf zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten vor. Das hat das Ministerium der "Ärzte Zeitung" am Freitag bestätigt. Gröhe wolle nun auf die Fraktionen zugehen, um für das Vorhaben zu werben. Anlass für die Gesetzesinitiative gibt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der kürzlich entschied, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die bundesdeutsche Rx-Preisbindung halten müssen. Demnach dürfen sie – anders als inländische Apotheken – ihren hiesigen Kunden Rezept-Boni gewähren. Durch ein Versandverbot soll das nun unterbunden werden.

Noch in dieser Legislaturperiode

Das entsprechende Gesetz, heißt es aus dem Ministerium , solle noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Der Zeitplan stehe aber noch nicht fest. Unter anderem müsse geprüft werden, inwieweit ein Notifizierungsverfahren erforderlich ist. Dabei müssen EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Kommission über nationale Gesetzgebungsvorhaben informieren. Ergeben sich daraus Konflikte mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht, kann die Kommission ein Prüfverfahren eröffnen. Das dauert in der Regel zwischen drei und sechs Monaten. In dieser Phase kann das nationale Gesetz nicht in Kraft treten. Angesichts der näher rückenden Bundestagswahlen steht der Gesetzgeber also unter Zeitdruck.

Die Apothekerschaft begrüßte das Verbotsvorhaben. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt: "Europas höchste Richter haben ausländischen Versandanbietern einen nicht nachvollziehbaren und völlig ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil trotz beschränkter Leistung verschafft, der nun hoffentlich wieder ausgeglichen werden kann, damit die Vor-Ort- Versorgung durch Apotheken auch in Zukunft gesichert ist".

Von Kassenseite gibt es dagegen Widerspruch. In einer Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands heißt es: "Jenseits der Lobbyinteressen der niedergelassenen Apotheker lässt sich kein Grund erkennen, warum der Online-Versandhandel mit Medikamenten verboten werden sollte."

Enttäuscht zeigt man sich auch bei der niederländischen Versandapotheke DocMorris. CEO Olaf Heinrich: "Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass sich auch der Minister darüber freut, dass der Kumpel im Ruhrpott oder die Rentnerin in der Eifel finanziell entlastet wird. Allerdings scheint es, dass das von Teilen der Politik nicht gewünscht ist. Die wirtschaftlichen Interessen der 20.000 Apotheker wiegen offenbar schwerer, als die Entlastung von Millionen Patienten."

Keine Zustimmung aus der SPD

Auf Ablehnung stoßen die Minister-Pläne, den Rx-Versand verbieten zu wollen, auch beim Koalitionspartner SPD. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach erklärte am Freitag: "Gerade für chronisch kranke Menschen in strukturschwachen Gebieten mit wenigen Apotheken wäre es unzumutbar, ihnen diesen einfachen Weg der Arzneimittelversorgung abzuschneiden." Vielmehr solle man darüber nachdenken, wie die Beratungsleistungen der stationären Apotheken besser vergütet werden können.

Udo Sonnenberg, Geschäftsführer des Bundesverbands der Versandapotheken (BVDVA) sagte, man habe einige "konstruktive Ideen in die Diskussion einzubringen, um ein Versandverbot zu verhindern". Konkreter wollte Sonnenberg nicht werden. Allerdings drängten die deutschen Versandapotheken in Sachen Rx-Boni auf Gleichstellung mit ihren ausländischen Wettbewerbern.

Anlässlich früherer Diskussionen um ein Rx-Versandverbot hatte der BVDVA 2009 den Rechtswissenschaftler Professor Christian Koenig von der Uni Bonn mit einem Gutachten beauftragt. Dessen Auskunft: Ein Verbot verstieße gegen das verfassungsmäßige Recht auf freie Berufsausübung und den Eigentumsschutz.

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