Vielen Ärzten ist das Web noch egal

Nur jede zweite Praxis hat eine eigene Webseite, wie eine Umfrage zeigt. Der Grund: Vielen niedergelassenen Ärzten ist eine Homepage nicht wichtig. Ein Fehler, sagt ein webaffiner Kollege - und erklärt, warum seiner Meinung nach ein Internetauftritt für Praxischefs eigentlich Pflicht ist.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Eine Website öffnet Arztpraxen das Tor zur virtuellen Patientenwelt.

Eine Website öffnet Arztpraxen das Tor zur virtuellen Patientenwelt.

© setixela/iStockphoto

NEU-ISENBURG. Nur etwa jede zweite Haus- und Facharztpraxis hat eine eigene Website, bei den Gastronomiebetrieben sind es 89 Prozent, bei Maklern 61 und beim Handwerk 76 Prozent.

Diese Werte gehen aus einer aktuellen, repräsentativen Umfrage zu Mittelstand und Werbung im Auftrag des Telekommunikationsdienstleisters telegate hervor, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Für die Erhebung wurden 500 mittelständische Handwerksbetriebe und Facharztpraxen - darunter Fachärzte für Allgemeinmedizin - befragt. 77 Prozent der Web-Abstinenzler unter den Praxischefs begründen dies damit, eine Homepage sei für ihre Praxis nicht relevant.

Ist die eigene Web-Präsenz der Praxis für viele Ärzte ein zu komplexes Unterfangen? Diesen Eindruck vermittelt zumindest der in München niedergelassene Internist Dr. Christian Sailer im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Für Praxischefs rückt das Web erst noch in den Fokus

"Viele Praxen beginnen erst jetzt, sich mit dem Thema Internet richtig zu beschäftigen. Dabei ist es für die meisten aber immer noch zu komplex. Schließlich muss man sich auf Experten einlassen und Prioritäten setzen können. Das ist noch nicht so richtig angekommen", schätzt er die Zurückhaltung seiner Kollegen ein.

Dass die eigene Homepage innerhalb des Praxismarketings bei den meisten befragten Praxen noch keine bedeutende Rolle spielt, zeigt der Blick auf das Jahresbudget, welches für die Praxis-Präsenz im Internet eingeplant wird.

Die Hälfte der teilnehmenden Ärzte investiert nach eigenen Angaben weniger als 1000 Euro in die Praxis-Website, 20 Prozent stellen sogar gar keine Mittel für den Internet-Auftritt ihrer Praxis bereit.

Auch wenn es um den eigenen Auftritt bei Facebook, Xing oder Twitter geht, hält sich die überwiegende Mehrheit der befragten Ärzte noch bedeckt. 80 Prozent von ihnen gaben an, diese Medien seien für den Praxisbetrieb nicht von Belang.

Das mag aber auch daran liegen, dass Ärzte auch im Internet der Schweigepflicht und strengen Datenschutzregeln unterliegen - und gerade bei den Social Media gibt es immer wieder Bedenken, ob sich diese Regeln hier einwandfrei einhalten lassen.

"Was die Sozialen Netzwerke angeht, kann ich diese Zurückhaltung sehr gut verstehen. Trend hin oder her, wichtig ist, was es der Praxis am Ende des Tages bringt, eine Fan-Page bei Facebook zu haben," ordnet Internist Sailer die Webstrategie seiner Kollegen ein.

Ein konkreter Nutzen sei für die Ärzte hier mehrheitlich noch nicht erkennbar, legt er nach.

Suchmaschinenoptimierung steckt noch in Kinderschuhen

Nicht nachvollziehen kann Sailer, dass nur acht Prozent der Praxen mit eigener Website eine Suchmaschinenoptimierung betreiben.

"Ein Patient will als erstes wissen: was macht der und wie ist der erste digitale Eindruck. Das geht nur über eine wirksame Website in Kombination mit sinnvoller Suchmaschinenoptimierung," so sein Plädoyer für die professionelle Hervorhebung jeder Praxis-Website bei Google & Co.

Wie eine Kaskade lässt sich die Online-Absenz herunterbrechen. Und zwar so: Wer keine gezielten Online-Aktivitäten vorsieht, führt auch keine Erfolgskontrolle durch, um herauszufinden, welche Maßnahme am besten der Neugewinnung von Patienten dient.

Aus diesem Grund scheint es den Studienautoren nur logisch, dass 70 Prozent der ärztlichen Umfrageteilnehmer keine Erfolgskontrolle des (Online-)Praxismarketings durchführen. Sie legen ihren werblichen Investitionsfokus auf bewährte Formate außerhalb des Internets.

"Viele niedergelassene Ärzte trauen sich einfach noch nicht", deutet Sailer diese Studienergebnisse. Seiner Ansicht nach ist eine Internet-Präsenz sowohl für Ärzte in ländlichen Gebieten als auch in Ballungszentren Pflicht und keine Kür, da sie vor allem dafür sorge, von neuen Patienten gefunden zu werden und sich im Wettbewerb mit anderen Facharztpraxen zu differenzieren.

In urbanen Gefilden mit einer sehr hohen Arztdichte trage gerade die Suchmaschinenoptimierung für spezielle Keywords dazu bei, dass potenzielle Patienten schnell die medizinischen Schwerpunkte und Spezialisierungen der jeweiligen Praxis vorfänden. "Dafür fahren sie dann auch schon einmal durch die ganze Stadt", so Sailer.

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