Bundesgerichtshof

Vorsorgevollmacht regelt Personenbetreuung zunächst einmal nur abstrakt

Der Inhaber einer Vorsorgevollmacht ist laut Bundesgerichtshof nicht automatisch dazu verpflichtet, auch die Betreuung der betreffenden, multimorbiden Person persönlich zu übernehmen.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Eine Vorsorgevollmacht umfasst zunächst nur die rechtliche Vertretung, stellt der BGH klar.

Eine Vorsorgevollmacht umfasst zunächst nur die rechtliche Vertretung, stellt der BGH klar.

© U. J. Alexander / stock.adobe.com

Karlsruhe. Eine Vorsorgevollmacht umfasst zunächst nur die rechtliche Vertretung. Ist anderes nicht zusätzlich geregelt, ist die bevollmächtigte Person daher nicht verpflichtet, die Vollmachtgeberin auch persönlich zu betreuen und zu versorgen, wie jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied. Er gab damit der Revision einer Frau aus Westfalen statt. Sie leidet an einer paranoiden Schizophrenie, COPD sowie einer chronischen Schmerzstörung.

Im Februar 2019 hatte das Amtsgericht eine Betreuerin für die Frau bestellt. Im August 2021 erteilte sie aber ihrem Ehemann eine umfassende Vorsorgevollmacht. Gleichzeitig beantragte sie, die Betreuung insoweit aufzuheben. Wie das Amtsgericht kam dem auch das Landgericht Münster nicht nach. Die Frau habe den Wunsch gehabt, nach ihrer Klinikentlassung dort in der Nähe zu wohnen. Ihr Ehemann wohne aber mehrere Fahrstunden von der Klinik entfernt. Daher sei er nicht in der Lage, die gesundheitliche Situation seiner Frau eng genug zu verfolgen und sie entsprechend zu betreuen.

Zunächst geht es um die rechtlichen Aspekte

Doch das ist auch gar nicht notwendig, betonte nun der BGH. Denn in einer Vorsorgevollmacht gehe es zunächst ausschließlich um die rechtliche Vertretung. Sei anderes nicht zusätzlich geregelt, sei der Bevollmächtigte daher nicht verpflichtet, hier die Ehefrau auch selbst zu betreuen.

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Es reiche aus, wenn er die notwendigen Hilfen anderweitig organisiert. Dass der Ehemann dazu nicht in der Lage sein soll, habe das Landgericht Münster nicht festgestellt, rügte der BGH. Zudem beziehe sich das Landgericht nur auf die Gesundheitsvorsorge. Warum der Mann sich nicht um andere Bereiche kümmern können soll, etwa Vermögen und Geld, sei völlig unklar.

Generell betonten die Karlsruher Richter, dass sich Gerichte nur mit besonders wichtigen Gründen über eine Vorsorgevollmacht hinwegsetzen dürfen. Hier habe das Landgericht nicht einmal geprüft, ob sich die Frau nach ihrem Klinikaufenthalt tatsächlich für eine eigene Wohnung in der Nähe entschieden hat. Wenn ja, habe sie dabei die Entfernung zu ihrem Ehemann bestimmt auch selbst mit bedacht. Schon deshalb reiche die Entfernung nicht aus, die Vorsorgevollmacht für ihren Ehemann zu übergehen.

Nach diesen Maßgaben soll nun das Landgericht Münster neu prüfen, inwieweit die Vorsorgevollmacht für den Ehemann doch gültig ist.

Bundesgerichtshof, Az.: XII ZB 212/22

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