Medica Econ Forum zur DiGa

„Wenn eine App nur Daten sammelt, ist sie keine Gesundheitsanwendung“

Die ersten Anträge für die Verordnung von Digitalen Gesundheitsanwendungen gehen bei den Kassen ein. Über die Evidenz wird noch gestritten.

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Welche DiGA bringt genügend Nutzen, damit die Krankenkassen sie gerne erstatten?

Welche DiGA bringt genügend Nutzen, damit die Krankenkassen sie gerne erstatten?

© AndSus/stock.adobe.com

Düsseldorf. Um Ärzten einen Überblick über die verordnungs- und erstattungsfähigen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und ihren jeweiligen Nutzen zu verschaffen, sollte es ein spezielles Verzeichnis geben. Das empfiehlt Professor Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin. „Wir brauchen Transparenz“, betonte er beim digitalen Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse (TK).

Es gibt bereits ein Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit den zugelassenen Anwendungen. Das reicht Busse aber offensichtlich nicht. Nach seinem Vorschlag sollte das Verzeichnis – orientiert am Hilfsmittelverzeichnis – in Gruppen nach Anwendungsgebiet, Zielgruppe und Funktion der „App auf Rezept“ geordnet sein, jeweils gegliedert in Stufen nach Effekten und Evidenz.

Orientierung an Evidenz

Erfahrungen in Belgien, Großbritannien und Frankreich machen nach seinen Angaben deutlich, dass die Anwendungen nur dann bezahlt werden sollen, wenn Studien ihre Evidenz belegen. „Die Vergütungsbeträge sollten sich am Ausmaß der Evidenz und der Effekte orientieren.“ Sowohl der medizinische als auch der direkte patientenrelevante Nutzen müssen nach Einschätzung des Wissenschaftlers bei der Bewertung der DiGA eine Rolle spielen.

„Wir sollten die Nutzenbewertung unter Alltagsbedingungen hier schon von Anfang an mitdenken“, forderte Busse. Auch der Zweck der App müsse geprüft werden. „Wenn sie nur Daten sammelt, ist sie keine Gesundheitsanwendung.“ Es dürften nur DiGA im Verzeichnis aufgeführt sein, die sich bewähren. „Zur Verordnungsfähigkeit müssen wir auch die Ärzte mit an Bord haben.“ Daran werde aber noch zu wenig gedacht, bemängelte Busse.

In Frankreich, Belgien und Großbritannien seien DiGA ebenso wie in Deutschland Medizinprodukte, sagte Julia Hagen vom Health Innovation Hub des Bundesgesundheitsministeriums. „Die Sicherheit ist erst einmal gewährleistet, und wir können uns in Studien der Frage widmen, wie sie wirken.“ Hagen geht davon aus, dass das BfArM-Verzeichnis langfristig die von Busse gewünschte Transparenz schaffen wird. Noch sei es nur ein erster Wurf. „Viele Funktionalitäten sind im Back office schon angedacht.“

Mit aktuell fünf zugelassenen DiGA mache etwa eine Suchfunktion noch keinen Sinn. Hagen hält eine Weiterentwicklung hin zu strukturierten Daten für notwendig, die das Suchen leichter machen. Das Verzeichnis biete eine technische Schnittstelle, die es medizinischen Fachgesellschaften und anderen Organisationen ermöglichen wird, die Daten zu nutzen, berichtete sie. Ihre Hoffnung: DiGA könnten perspektivisch eine Rolle für Leitlinien spielen.

Großes Potenzial für die Therapietreue

Großes Potenzial für eine Verbesserung der Versorgung sieht Hagen im Bereich der Therapietreue. Smartphones schafften es hervorragend, die Nutzer in den Bann zu ziehen. „Ich würde mir wünschen, dass etwas von diesem Suchtfaktor mit positiven Effekten auf die Gesundheit abstrahlt.“

Zur Verordnungsfähigkeit müssen wir auch die Ärzte mit an Bord haben.

Professor Reinhard Busse, TU Berlin

Die Entscheidung über die Verordnung liege beim Arzt, er müsse den Sinn des Einsatzes prüfen, sagte Daniel Cardinal, Geschäftsbereichsleiter Versorgungsinnovationen bei der TK. Wenn sich der Arzt an bestimmte qualitative und inhaltliche Kriterien hält, werden die Kosten erstattet. Anders sehe es aus, wenn der Versicherte sich eine DiGA selbst beschaffen will und bei der Kasse um eine Erstattung bittet, so Cardinal. „Dann können wir schon genauer hingucken.“

112 Anträge auf Erstattung bei der TK

Er sieht es als Aufgabe der Kassen, die Anwendungen danach zu bewerten, ob sie die Prinzipien einer besseren Versorgung erfüllen und bei welchen Patientengruppen der Einsatz sinnvoll ist. „Sie müssen wir dann bewerben.“

Die Erfahrungen der TK zeigten, dass das Thema schnell an Relevanz gewinnen wird. Der Krankenkasse liegen schon 112 Anträge auf Erstattung für die fünf zugelassenen DiGA vor. „Das finde ich in der Kürze der Zeit viel.“ (iss)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 19.11.202011:10 Uhr

Dazu von mir auf Twitter:

Es muss heißen: „Wenn eine App nur Daten zu Symptomen und Krankheiten sammelt, ist sie keine Gesundheitsanwendung, sondern eine Krankheitsanwendung“. Alles andere ist Augenwischerei!

https://t.co/7Ig5E2LBRC https://t.co/fv4VwYhMN5

Mf+kG, Ihr Dr. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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