Kommentar zur Prognos-Studie

"Wissenschaft" mit gezinkten Karten

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Der Start in den diesjährigen Honorarpoker wird mit großen Zahlen garniert: Fünf Milliarden Euro fordert die KBV, dagegen behauptet ein im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes von Prognos erstelltes Gutachten Wirtschaftlichkeitsreserven von zwei Milliarden Euro.

Es ist nicht das erste Mal, dass der GKV-Spitzenverband externe Expertise als Servo-Bremse gegen Honorarforderungen der Ärzte bemüht. Ob die Expertise taugt, wird meist nicht geprüft - entscheidend in der Kommunikation sind allein die gigantisch runde Zahl und das Emblem "wissenschaftlich".

Anhand von zwei großen Arztgruppen, den Allgemeinärzten und den Internisten, lässt sich jedoch zeigen, wie fragwürdig, ja sogar unsinnig die Prognos-Analyse ist.

Bei den Hausärzten ist die Sache noch ziemlich einfach. Hier zeigen die Daten aus der Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes, dass der Praxisüberschuss überproportional zum Umsatz steigt. In der niedrigsten von vier Wirtschaftlichkeitsklassen liegt der Umsatz bei 199.000 Euro, der Reinertrag je Praxisinhaber bei 69.000 Euro.

In der höchsten Wirtschaftlichkeitsklasse ist der Umsatz mit 371.000 Euro knapp doppelt so hoch, der Reinertrag erreicht mit gut 191.000 Euro nahezu das Dreifache im Vergleich zur niedrigsten Wirtschaftlichkeitsklasse. Die Erklärung ist einfach: Je mehr Fälle ein Arzt abarbeitet, umso geringer ist der Kostenanteil je abgerechnetem Leistungspunkt.

Nimmt man die zweitbeste Wirtschaftlichkeitsklasse als Benchmark und akzeptiert nur noch deren Kosten als akzeptabel auch für die zwei niedrigeren Wirtschaftlichkeitsklassen, dann ließen sich rund 540 Millionen Euro allein bei den Hausärzten sparen. Freilich mit dem Nebeneffekt, dass viele kleine und mittlere Praxen vor dem Ruin stünden.

Geradezu absurd sind allerdings die Berechnungen von Prognos für die Fachgruppe der Internisten. Anders als bei den Hausärzten hängt die Wirtschaftlichkeit hier überhaupt nicht vom Umsatz ab, sondern von einzelnen Kostenpositionen. Und die sind je nach internistischem Schwerpunkt völlig unterschiedlich.

Hier werden Kosten und Umsätze aggregiert, die nicht aggregiert werden dürfen. Das führt dazu, dass allein der hohe Materialverbrauch in Nephrologen-Praxen zur Herausbildung der niedrigsten Wirtschaftlichkeitsklasse führt.

Prognos selbst weist auf diese "Auffälligkeiten" hin, sieht sich aber nicht gehindert, eine Wirtschaftlichkeitsreserve von 470 Millionen Euro bei den Internisten zu behaupten.

Ärgerlich ist zweierlei: Dass dieser Unsinn von vielen geglaubt und nachgebetet wird - und dass er aus Zwangsbeiträgen der Versicherten bezahlt wird.

Lesen Sie dazu auch: Prognos-Studie zeigt: Ärzte könnten zwei Milliarden Euro mehr erwirtschaften

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