Rückkehr an den Ort des Grauens

ERFURT (dpa). Dreieinhalb Jahre nach dem Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium von Erfurt ist gestern das sanierte Schulgebäude eingeweiht worden. Die Rückkehr an den Ort des Grauens setzt Lehrer und Schüler nach Einschätzung der Trauma-Therapeutin Alina Wilms psychisch stark unter Druck.

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"Bereits die Aussicht darauf hat bei einigen von ihnen Ängste freigesetzt", sagte die Psychologin aus Erfurt. Am 26. April 2002 hatte ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums in dem Schulhaus 16 Menschen erschossen und sich anschließend selbst getötet.

"Einzelne Schüler haben nun doch noch schnell zum neuen Schuljahr die Schule gewechselt, um nicht in das neue Gebäude zurückziehen zu müssen", sagte Wilms.

Sie leitete die psychologische Betreuung der Schulklassen unmittelbar nach dem Massaker und behandelt auch jetzt noch Trauma-Opfer der Bluttat. Aus ihrer Sicht ist die Situation vor allem für die Lehrer schwierig.

"Die Lehrer waren Zielscheibe des Mordens, das ist ihnen auch bewußt und damit müssen sie jetzt ausgerechnet am Ort des Geschehens klarkommen."

Nach Angaben der Unfallkasse Thüringen befinden sich gegenwärtig noch 33 Schüler und neun Lehrer bei Psychotherapeuten in ambulanter Behandlung. Daß einige Betroffene erst seit relativ kurzer Zeit in Behandlung sind, hält Wilms nicht für ungewöhnlich.

"Sie haben das Erlebte bis jetzt zu verdrängen versucht, was begünstigt durch die Ausweich-Schule ja auch leidlich funktioniert hat."

Wilms warnte vor einer Überschätzung des Umbau-Effektes an dem Schulgebäude. "Es ist ein Trugschluß zu glauben, die frühere Normalität sei damit zurückzuholen, man kann sich nur eine neue erarbeiten."

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