Herzschutz

Multivitamine nutzlos

Wer täglich Multivitamin-Präparate schluckt, sollte nicht die Hoffnung hegen, damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Die einzige große Langzeitstudie zum Nutzen belehrt jetzt eines Besseren.

Veröffentlicht:
Für das Herz kaum von Nutzen: Multivitamine in einer Kapsel.

Für das Herz kaum von Nutzen: Multivitamine in einer Kapsel.

© Sven Weber / fotolia.com

LOS ANGELES (ob). Millionen nehmen regelmäßig Vitaminpillen. Um sicher zu gehen, dass die vermeintlichen gesundheitsfördernden Wirkungen dieser "Naturprodukte" auch voll zu Geltung kommen, decken viele Menschen gleich das ganze Spektrum ab und greifen zu Multivitamin-Supplementen, in denen jedes einzelne Vitamin meist in relativ niedriger Dosierung enthalten ist.

Was ist dran an der Erwartung, auf diese Weise nicht zuletzt dem Herzinfarkt oder Schlaganfall entrinnen zu können? Zur Klärung dieser Frage haben sich in der Physicians‘ Health Study (PHS) insgesamt 14.641 männliche US-Ärzte im Alter über 50 Jahre (im Schnitt 64 Jahre) als Testpersonen zur Verfügung gestellt.

Aufgeteilt auf zwei Gruppen schluckten sie mehr als zehn Jahre lang (im Mittel 11,2 Jahre) täglich ein Multivitamin-Präparat oder Placebo.

Geklärt werden sollte, ob sich die unterschiedliche Behandlung auf das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulär bedingter Tod) auswirken würde.

Weniger Krebserkrankungen

Sie tat es leider nicht, musste Studienleiter Dr. Howard Sesso aus Boston jetzt beim AHA-Kongress in Los Angeles verkünden.

Am Ende waren in der Multivitamin-Gruppe 876 und in der Placebo-Gruppe 856 kardiovaskuläre Ereignisse zu verzeichnen. Die Inzidenzraten betrugen 11,0 (Multivitamin) und 10,8 Ereignisse (Placebo) pro 1000 Patientenjahre und unterschieden sich nicht signifikant.

Auch separate Analysen der Ereignisse Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulär verursachter Tod brachten keine positiven Effekte der Vitamin-Supplementierung zum Vorschein.

Einen "Ausreißer" gab es allerdings: Tödliche Herzinfarkte waren in der Gruppe mit Vitamin-Prophylaxe signifikant seltener (27 versus 43 Ereignisse) - möglicherweise aber ein Zufallsergebnis.

Ist diese Art der Prophylaxe also völlig nutzlos? Zur Verhinderung von Herzinfarkten taugt sie nach den jetzt präsentierten Daten sicher nicht.

Bei einer weiteren Analyse der PHS-Daten stellte sich allerdings kürzlich heraus, dass die Langzeit-Einnahme von Multivitaminen mit einer signifikanten relativen Reduktion von Krebserkrankungen um acht Prozent assoziiert war, berichtete Sesso.

Dieser Aspekte sollte nach seiner Ansicht bei der Entscheidung über die Einnahme eines Multivitamin-Präparats in Betracht gezogen werden.

Mehr zum Thema

Beratungsverfahren eingeleitet

G-BA: Zwei neue Datenerhebungen zu Orphans

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Antikörper macht‘s möglich

Zähne einfach nachwachsen lassen – wie beim Hai?

Digitalisierung und Medikamente

Apotheker entwickelt eigene E-Rezept-App

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer