DGIM-Vorsitzender

Plädoyer für Leitlinien speziell für alte und multimorbide Patienten

Veröffentlicht:
Klinische Studien mit Medikamenten sind meist nicht auf alte Menschen zugeschnitten. Daran erinnerte DGIM-Vorsitzender Professor Cornel Sieber bei der Jahrespressekonferenz der Gesellschaft.

Klinische Studien mit Medikamenten sind meist nicht auf alte Menschen zugeschnitten. Daran erinnerte DGIM-Vorsitzender Professor Cornel Sieber bei der Jahrespressekonferenz der Gesellschaft.

© Creative-Family / Getty Images / iStock

BERLIN. Ärzte brauchen wissenschaftlich fundierte Leitlinien für alte und multimorbide Patienten, betont die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). In geriatrische Forschung müssten vor allem auch die speziellen Bedürfnisse alter Patienten einfließen, so die DGIM aus Anlass ihrer Jahrespressekonferenz in Berlin.

Klinische Studien mit Medikamenten seien meist nicht auf alte Menschen zugeschnitten, erinnerte DGIM-Vorsitzender Professor Cornel Sieber bei der Veranstaltung. Teilnehmer sind meist Patienten mittleren Alters mit Monopathologie – sie leiden also ausschließlich an der Krankheit, gegen die sich das Mittel richtet. "Alte Patienten sind jedoch oft chronisch krank und leiden an mehreren Krankheiten gleichzeitig. Die Ergebnisse aus klinischen Studien einfach auf alte Patienten zu übertragen, ist deshalb meist nicht wissenschaftlich fundiert, ja möglicherweise sogar riskant", wird Sieber in einer Mitteilung der DGIM zur Veranstaltung zitiert.

"Bei der Zulassung von Medikamenten muss die besondere Situation von alten Patienten berücksichtigt werden", fordert er: "Wir brauchen eine intensivere altersmedizinische Forschung, um auch alte Patienten nach evidenzbasierten Maßstäben – wohl in adaptierter Form – behandeln zu können."

Auch viele Leitlinien gehen auf die speziellen Bedürfnisse alter Menschen gar nicht ein. Es gebe deshalb meist keine fundierten wissenschaftlichen Grundlagen für eine evidenzbasierte Versorgung alter Menschen", betont der Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg.

Auch die Behandlungsziele bei alten Menschen unterscheiden sich von denen jüngerer: Bei ihnen steht aufgrund der begrenzten Lebenszeit oft nicht die Heilung, sondern Selbstständigkeit und Lebensqualität trotz diverser Krankheiten im Vordergrund. "Dass alte Menschen mit mehreren Krankheiten eine spezielle Diagnostik und Therapie brauchen, muss auch seinen Niederschlag in der Aus-, Fort- und Weiterbildung des medizinischen Personals finden," betont Sieber in der Mitteilung. Entscheidend für die Behandlung alter Menschen sei zudem ein geriatrisches multidisziplinäres Team, in dem mehrere Fachdisziplinen eng zusammenarbeiten, und zwar auch mit der Pflege und Physiotherapie. (eb)

Mehr zum Thema

Verbesserung der Leistungsfähigkeit

Betablockerverzicht bei HFpEF unterschiedlich erfolgversprechend

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

ASCO-Jahrestagung

Brustkrebs-Prävention wird neu gedacht

Häufiges Globusgefühl

Beim „Kloß im Hals“ steckt oft zu viel Spannung im Schlund

Lesetipps
Die Erwartung bei vielen ist hoch, dass die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten vor Erkrankungen schützen bzw. deren Verlauf lindern könnte. Allerdings lassen sich aus Beobachtungsstudien offenbar keine Kausalzusammenhänge ableiten. 

© Ben / stock.adobe.com / generated AI

Gastbeitrag

Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D: Viel hilft nicht immer viel

„Man kann viel tun, aber nicht zum Nulltarif!“, sagt Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth zum Thema Hitzeschutz.

© Jens Schicke, Berlin

Interview mit Hausärzteverbands-Chefin

Nicola Buhlinger-Göpfarth: Das sollten Hausarztpraxen in Hitzewellen beachten