25 Euro für Behandlung HIV-Infizierter - viele Ärzte geben auf

KÖLN (iss). Die Versorgung von HIV-Patienten in Westfalen-Lippe ist am heutigen Mittwoch Thema eines Treffens im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium. Im Gespräch mit Vertretern von KV, Krankenkassen und Schwerpunktpraxen will sich das Ministerium einen Überblick über die Situation verschaffen.

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Der Hintergrund: Die Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener Ärzte in der Versorgung Aids-infizierter Patienten Westfalen-Lippe (AGNÄ-WL) wirft der KVWL eine völlig unzureichende Vergütung vor. "Wir erhalten für unsere ärztlichen Leistungen bei der Behandlung von Menschen mit HIV pro Patient und Quartal gerade einmal 25 Euro", kritisiert der Vorsitzende der AGNÄ-WL Dr. Heiner Busch. "Das ist ein katastrophaler Zustand, es kann so nicht weitergehen", so Busch.

In allen anderen Regionen erhalten die Schwerpunktpraxen nach seinen Angaben über die Honorarverteilungs-Maßstäbe eine Vergütung zwischen 75 und 100 Euro, in einzelnen KVen kämen noch Zusatzvergütungen durch Sondervereinbarungen mit den Krankenkassen hinzu. In der benachbarten KV Nordrhein liege die Vergütung bei 160 Euro pro Patient und Quartal. Von der KVWL sei die Versorgung von HIV-Patienten lediglich bis Ende 1998 angemessen honoriert worden.

Seitdem verweigere sich die KV einer sachgerechten Lösung, sagt der Facharzt-Internist aus Münster. Weder gebe es Verhandlungen mit den Kassen über Sonderverträge, noch werde der HVM geändert. Von den ursprünglich 20 spezialisierten Behandlern in Westfalen-Lippe seien nur sechs übriggeblieben. "Hier geht es um die Diskriminierung einer schwer kranken Patientengruppe", sagt Busch.

"Es stimmt nicht, daß wir Verhandlungen blockieren", sagt dagegen KVWL-Sprecher Andreas Daniel. Bei den Verhandlungen über den EBM 2000 Plus werde die KV mit den Kassen auch über eine Sondervereinbarung für die Behandlung von HIV-Patienten reden. Eine Änderung des HVM, die das Geld der Gesamtvergütung entziehen würde, sei für die KVWL allerdings kein Thema. "Es gibt viele Bereiche, für die wir zu wenig Geld haben", begründet Daniel die Haltung der KV.

Außerdem basiere der aktuell gezahlte Fallwert auf Leistungsangaben von Busch selbst, sagt er. Diese Darstellung weist der Arzt zurück. Die KV berufe sich auf eine pauschale Schätzung von 1999 aus einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Dortmund. Damals habe der Richter eine Anpassung der Werte auf Basis realer Berechnungen verfügt. "Diese Anpassung ist nie erfolgt", so Busch.

Wenn das heutige Gespräch beim Ministerium keine Lösung erkennen lasse, werden die Schwerpunktpraxen in Westfalen-Lippe die Notbremse ziehen und die Behandlung der Patienten einstellen, kündigt der Mediziner an. Er nimmt für die AGNÄ-WL an der Sitzung teil. "Wir werden die Patienten dann nach Nordrhein überweisen", so Busch.

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