Grippeschutz für chronisch kranke Kinder!

Die Pandemie durch das Schweinegrippe-Virus war nicht ganz so harmlos, wie oft vermutet. Fast 100 Kinder und Jugendliche erkrankten schwer, 15 starben. In den drei Grippesaisons zuvor gab es insgesamt nur zwei Todesfälle durch Influenza in dieser Altersgruppe.

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Skeptisch, aber interessiert: Kind bei einer Impfung.

Skeptisch, aber interessiert: Kind bei einer Impfung.

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BERLIN (eb). Die infektionsepidemiologische Forschung hat einen hohen Stellenwert. Mit ihr sind Ursachen, Folgen und Verbreitung von Infektionskrankheiten besser zu verstehen und gezielte Präventionsmaßnahmen zu empfehlen.

Infektionsepidemiologen des Robert Koch-Instituts in Berlin (RKI) haben jetzt Daten zu schweren und tödlichen Erkrankungen durch das pandemische H1N1-Virus (Schweinegrippe) bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Für diese Gruppe gab es bislang europaweit kaum Daten, teilt das RKI mit.

Demnach gab es deutlich mehr schwere Erkrankungen als in den Jahren zuvor. Dies unterstreiche die Bedeutung der Grippe-Impfung für Kinder mit Grunderkrankungen, die von der Impfkommission STIKO seit Jahren empfohlen wird.

Das Forscher-Team untersuchte intensivstationspflichtige und tödliche Fälle von pandemischer Influenza bei Kindern unter 15 Jahren. Die RKI-Epidemiologen befragten zwischen August 2009 und April 2010 monatlich rund 380 Kinderkliniken.

Sie kooperierten dabei mit der "Erhebungseinheit für Seltene Pädiatrische Erkrankungen in Deutschland" (ESPED), in der alle Kinderkliniken beteiligt sind. Mehr als 80 Prozent der ausgeteilten Fragebogen wurden ausgefüllt und zurückgeschickt.

Für die Studie wurden die Angaben zu 93 schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen mit laborbestätigter Influenza ausgewertet, 15 von ihnen sind gestorben (16 Prozent). Im selben Zeitraum wurden in Deutschland insgesamt 29 Influenza- assoziierte Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren gemeldet.

Der Unterschied zwischen Studien- und Meldedaten dürfte dadurch zustande kommen, dass in der Studie nur Fälle in Kinderkliniken untersucht wurden. Neun der 93 Kinder erkrankten während des Krankenhausaufenthaltes.

Das Risiko einer solchen (nosokomialen) Übertragung ist auch in zwei Studien in anderen Staaten belegt worden. Diese Studien zeigen, dass das pandemische Virus vermutlich durch Medizinpersonal übertragen worden war. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Impfung des Medizinpersonals und einer raschen Diagnostik.

Drei Viertel der Patienten aus der RKI-Studie hatten mindestens eine chronische Grunderkrankung, am häufigsten neurologische Entwicklungsstörungen, gefolgt von chronischen Atemwegserkrankungen, Immunschäden und Herzkrankheiten.

In einer Studie mit demselben Kliniknetzwerk waren in den drei Influenza-Saisons 2005/06, 2006/07 und 2007/08 insgesamt nur zwei Todesfälle registriert worden.

"Die höhere Zahl in der Pandemie könnte teilweise auf die erhöhte Aufmerksamkeit während der Pandemie zurückgehen", vermutet Privatdozent Walter Haas, Leiter des Fachgebiets Respiratorisch übertragbare Erkrankungen.

Nur neun Prozent der Kinder über sechs Monaten waren gegen die pandemische Influenza geimpft, alle überlebten. Allerdings stand der Impfstoff erst Anfang November 2009 zur Verfügung.

Da derzeit das neue H1N1-Virus dominiert, müsse auch bei jüngeren Erwachsenen und Kindern mit Grundkrankheiten weiterhin mit schweren Erkrankungen gerechnet werden.

Die Impfung ist für chronisch Kranke aller Altersstufen empfohlen, für Schwangere, Menschen über 60 Jahre und Medizinpersonal. "Auch wenn die Influenzawelle bereits begonnen hat, kann die Impfung noch sinnvoll sein" so RKI-Präsident Professor Reinhard Burger in der Mitteilung.

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