Impf-Erfolg

Rückgang von Windpocken-Komplikationen

Durch die breite Anwendung der Windpocken-Impfung nehmen auch seltene schwere Komplikationen der Krankheit deutlich ab. Das belegen Registerdaten aus Kanada.

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Fiebermessung: Windpocken können auch schwer verlaufen.

Fiebermessung: Windpocken können auch schwer verlaufen.

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TORONTO. Pneumonien und neurologische Probleme durch Varizella zoster werden in Industrieländern nur noch sehr selten beobachtet. Betroffen sind fast immer ungeimpfte Kinder, wie eine kanadische Studie in Toronto mit zweieinhalb Millionen Einwohnern jetzt belegt.

Von 1999 bis 2012 wurden dort 84 Kinder mit neurologischen Komplikationen aufgrund einer Varizellen-Infektion in einer Klinik behandelt. Nur vier davon waren nach Angaben der Eltern geimpft worden. Die während der gesamten Zeit verfügbare Impfung wurde erst nach 2004 breit angewandt.

Danach wurden in der Stadt deutlich weniger Kinder mit solchen Komplikationen registriert, berichten Pädiater um Dr. Michelle Science vom Hospital for Sick Children in Toronto (Journal of Pediatrics 2014; online 22 Juli).

Die Forscher hatten sich alle Daten zu Kindern unter 18 Jahren angeschaut, die zwischen 1999 und 2012 mit einer im Labor bestätigten Varizellen-Infektion in der Klinik behandelt worden waren und die zeitnah zur Infektion eine neurologische Krankheit bekommen hatten.

Von den 84 betroffenen Kindern hatten 26 eine Kleinhirnataxie entwickelt, 17 eine Enzephalitis, 16 isolierte Krampfanfälle, zehn einen Schlaganfall, ebenso viele eine Meningitis, zwei ein Guillain-Barré-Syndrom und ebenfalls zwei eine akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM). Bei einem Kind stießen die Ärzte auf ein Ramsay-Hunt-Syndrom.

Schlaganfälle traten im Median erst 16 Wochen nach Krankheitsbeginn auf, andere akute Komplikationen dagegen wesentlich früher, im Median fünf Tage nach der Entwicklung von Hautausschlägen. Zwei Teenager entwickelten aber gar keine Hautmanifestationen, sie wurden durch hohes Fieber, Photophobie und Kopfschmerzen auffällig.

Knapp ein Viertel der Betroffenen litt ein Jahr nach der Diagnose noch unter den Spätfolgen der Erkrankung, darunter waren vor allem Kinder mit Enzephalitis, ADEM und Schlaganfall sowie drei Kinder, die nach dem Krampfanfall eine Epilepsie entwickelten. Drei der Kinder mit Enzephalitis starben.

Auffallend war das relativ hohe Alter der Kinder: Kleinkinder zeigten recht selten neurologische Komplikationen bei einer Windpockenerkrankung, die meisten Betroffenen waren zwischen 4 und 13 Jahre alt. Die meisten Patienten hatten eine Therapie mit Aciclovir erhalten (70 Prozent).

Der Großteil war zudem zwischen 1999 und 2004 in die Klinik eingewiesen worden. Ab 2004 wurde die Impfung in Kanada erstattet, danach sank die Zahl der Varizella-bedingten neurologischen Komplikationen drastisch, von 2008 bis 2012 gab es jährlich noch zwei bis vier Kinder mit vermeidbaren Windpockenbedingten ZNS-Erkrankungen.

Die Forscher gehen davon aus, dass noch immer große Teile der Bevölkerung keinen Impfschutz gegen Varizella zoster haben. Ärzte müssten also auch weiterhin mit Komplikationen durch Windpocken bei älteren Kindern und auch Erwachsenen rechnen. Dabei können neurologische Störungen bereits vor den Hautläsionen auftauchen. (mut)

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