M. pneumoniae

Die trügerische Diagnostik

Wird im Respirationstrakt Mycoplasma pneumoniae nachgewiesen, liegt nicht unbedingt eine Infektion vor. Denn die Zahl der Kinder, die ohne Symptome besiedelt sind, ist genauso groß wie die infizierter.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Bei Pneumonieverdacht ist eine körperliche Untersuchung aussagekräftig - der Nachweis von Mycoplasma pneumoniae im oberen Respirationstrakt ist bei Kindern möglicherweise für die Diagnose wertlos.

Bei Pneumonieverdacht ist eine körperliche Untersuchung aussagekräftig - der Nachweis von Mycoplasma pneumoniae im oberen Respirationstrakt ist bei Kindern möglicherweise für die Diagnose wertlos.

© prism68 / shutterstock.com

ROTTERDAM. Der Nachweis von Mycoplasma pneumoniae im oberen Respirationstrakt gilt allgemein als Hinweis auf eine Infektion.

Eine niederländische Studie zeigt jetzt, dass die Identifikation des Keimes bei Kindern möglicherweise wertlos für die Diagnosestellung ist, da M. pneumoniae bei asymptomatischen Trägern ebenso häufig nachgewiesen wurde wie bei Kindern mit klinischen Zeichen einer Infektion.

Jede dritte von Kindern ambulant erworbene Pneumonie, die stationär behandelt werden muss, schreibt man einer Infektion mit Mycoplasma (M.) pneumoniae zu.

Als Nachweismethoden dienen derzeit überwiegend die PCR, mit der keimspezifische DNA aus Proben des oberen Respirationstrakts detektiert wird sowie der serologische Antikörpernachweis.

Die Ergebnisse der Querschnittstudie aus Rotterdam legen jetzt nahe, dass ein positives Ergebnis mit den derzeit eingesetzten Tests noch lange kein Grund ist, eine Infektion mit M. pneumoniae zu diagnostizieren (PLOS Medicine 2013; online 14. Mai).

In die Studie waren 405 asymptomatische und 321 Kinder mit Symptomen einer Atemwegsinfektion eingeschlossen. Das Alter der Probanden lag zwischen drei Monaten und 16 Jahren.

Die primäre Fragestellung war, ob mit den derzeit zur Verfügung stehenden diagnostischen Methoden zwischen Kolonisation und Infektion unterschieden werden kann.

Die Ergebnisse waren ernüchternd. Zwischen asymptomatischen und symptomatischen Kindern fanden sich keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit, mit der M. pneumoniae mittels PCR nachgewiesen werden konnte (21,2 vs. 16,2 Prozent).

Laborbefunde mit Vorsicht interpretieren

Auch serologische Methoden und spezielle Bakterienkulturen ließen keine klaren Divergenzen erkennen. Allerdings variierte die Prävalenz von M. pneumoniae in beiden Gruppen stark innerhalb der Jahreszeiten und im Lauf des gesamten Beobachtungszeitraums.

Die monatlichen Kontrolluntersuchungen ergaben, dass M. pneumoniae bis zu vier Monate im Respirationstrakt persistierte.

Bei 202 Kindern wurden darüber hinaus Untersuchungen auf andere Pathogene durchgeführt. Bei mehr als der Hälfte der symptomatischen und der asymptomatischen Kinder konnten mindestens zwei weitere pathogene Bakterien oder Viren identifiziert werden.

Am häufigsten wurden Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus, Moraxella catarrhalis, Haemophilus influenzae und bei den Viren Rhinovirus, Adenovirus und Bocavirus nachgewiesen.

Deutlich häufiger als bei den gesunden Kindern wurde bei den symptomatischen das Influenza-A-Virus sowie das Respiratory Syncytial Virus (RSV) nachgewiesen. Die Autoren gehen davon aus, dass Koinfektionen mit den verschiedenen Erregern Einfluss auf den Schweregrad der Infektion hatten.

Der nächste Schritt sei die Suche nach einer diagnostischen Methode, um die symptomatische Infektion des oberen Respirationstrakts durch M. pneumoniae von einer harmlosen Besiedelung abzugrenzen.

Die mit derzeitigen Methoden gewonnenen positiven Befunde sollten im Hinblick auf ihre klinische Relevanz mit Vorsicht interpretiert werden - besonders, um den wahllosen Einsatz von Makroliden zu vermeiden, der nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Symptome, aber zu einer Verschlechterung der Resistenzlage beiträgt.

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