Selbst schwerkranke Patienten profitieren von Bortezomib

FRANKFURT AM MAIN (KHS). Patienten mit multiplem Myelom können im Median selbst noch nach dem sechsten Rezidiv mit Bortezomib erfolgreich behandelt werden. Dies trifft immerhin für 35 Prozent der sonst praktisch behandlungsrefraktären, schwerkranken Patienten zu, so Professor Hartmut Goldschmidt aus Heidelberg.

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Der Oberarzt der Medizinischen Uni-Klinik berichtete auf einer Veranstaltung in Frankfurt am Main, daß Patienten mit multiplem Myelom dann symptomatisch werden, wenn eine bestimmte Menge Eiweiß im Blut zirkuliert.

Diese Eiweißmengen könnten mit dem Proteasom-Hemmer Bortezomib (Velcade®) auch in frühen Krankheitsstadien verringert und damit der Zustand der Patienten verbessert werden. Proteasomen sind Enzymkomplexe, die Eiweißmoleküle abbauen.

Goldschmidt berichtete über Daten der bisher größten randomisierten Studie zum multiplen Myelom mit 669 Patienten, der APEX-Studie (Assessment of Proteasome-Inhibition for Extending Remissions). Die Kranken hatten bis zu drei Rezidive. 333 Patienten erhielten Bortezomib-Infusionen, 336 Patienten bekamen die damalige Standardtherapie mit hochdosiertem Dexamethason.

Es zeigte sich, daß bei 52 Prozent der Patienten mit Dexamethason, aber nur bei 29 Prozent der Patienten in der Bortezomib-Gruppe die Krankheit unter der Therapie fortschritt. Schon nach 35 Tagen gingen die Überlebenskurven auseinander, und nach einem Jahr lebten schließlich noch 80 Prozent der Patienten in der Bortezomib-Gruppe, aber nur noch 66 Prozent der Patienten, die Dexamethason bekommen hatten. Außerdem kamen komplette Remissionen bei Patienten der Bortezomib-Gruppe mit 38 Prozent viel häufiger vor als in der Vergleichsgruppe (18 Prozent).

Diese Befunde waren hochsignifikant, so daß die Studie aus ethischen Gründen abgebrochen werden mußte, wie Goldschmidt auf der vom Unternehmen Ortho Biotech unterstützten Veranstaltung berichtete.

Um Studien überhaupt abbrechen zu können, müssen von einem unabhängigen Gremium zu vorher festgelegten Zeitpunkten Zwischenergebnisse erhoben werden. Dieses zwischenzeitliche Öffnen der Studien obliegt im allgemeinen einem wissenschaftlichen Beirat, der bestimmten Regularien unterworfen ist, denn die beteiligten Ärzte und Unternehmen haben zu keiner Zeit den Überblick über den gesamten Studienverlauf.

Bei der APEX-Studie wurden die Patienten über den Studienabbruch informiert. Diejenigen, die mit Dexamethason therapiert worden waren, konnten nun ebenso Bortezomib infundiert bekommen, was von den meisten wahrgenommen wurde.

Unterschiede ergaben sich auch in der Art der unerwünschten Wirkungen: In der Dexamethason-Gruppe überwogen Hyperglykämien, in der Bortezomib-Gruppe standen Thrombozytopenie und periphere Neuropathie im Vordergrund. Fielen die Thrombozyten unter einen Wert von 10 000, wurden Thrombozyten substituiert; eine Gegenindikation für die weitere Behandlung mit Bortezomib war die Thrombozytopenie nicht grundsätzlich.

In den Intervallen, wenn die Wirkung von Bortezomib nachließ, besserte sich der Thrombozytenstatus der Patienten auch immer wieder rasch. Insgesamt bezeichnete Goldschmidt das Profil unerwünschter Wirkungen von Bortezomib als vorhersehbar und gut beherrschbar.

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