Pädiatrie

Welches Krebsrisiko bergen CT-Aufnahmen?

Britische Forscher alarmieren: Fast 700 Patienten könnten bis 2020 an Krebs erkranken - weil sie im CT waren. Doch eine hohe Entdeckungsrate spricht gegen eine Verteuflung der Bildgebung. Nützt oder schadet CT Kindern nun mehr?

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Bereit fürs CT: Mögliche Spätfolgen der Diagnostik sind immer wieder Thema von Studien.

Bereit fürs CT: Mögliche Spätfolgen der Diagnostik sind immer wieder Thema von Studien.

© Olesia Bilkei / fotolia.com

BETHESDA. Welches Krebsrisiko birgt die Strahlenexposition bei der Diagnostik von Patienten im Alter bis 20 Jahre? Am Beispiel Großbritannien haben das Forscher um Dr. Neige M. Y. Journy vom US-National Cancer Institute in Bethesda und britische Kollegen untersucht.

Sie analysierten zum einen Daten zum Rückgang der individuellen Strahlendosis bei der Diagnostik in den vergangenen Jahren. Zum anderen überprüften sie die Häufigkeit von CT-Aufnahmen in der Pädiatrie, und zwar anhand des NHS Diagnostic Imaging Dataset. Zur Berechnung des Exzess-Lebenszeitrisikos (ELR) für Krebs verwendeten sie das Radiation Risk Assessment Tool (RadRAT) des National Cancer Institute.

Bestätigung früherer Studien

Danach lag das ELR für Krebs nach einer einzigen CT-Aufnahme in den Jahren 2000 bis 2008 um 50 bis 70 Prozent niedriger als zwischen 1990 und 1994, und zwar abhängig vom Alter zum Zeitpunkt der CT-Aufnahme, vom Geschlecht und von der untersuchten Körperregion (BJC 2016; online 8. November).

Die errechneten ELR-Werte bei Untersuchungen des Kopfes etwa reichten im Zeitraum 2000 bis 2008 von 0,3 bis 1 zusätzliche Krebserkrankung pro 1000 Aufnahmen und bei Untersuchungen anderer Körperregionen von 1 bis 5/1000. Die Zahlen bestätigen Ergebnisse früherer Studien.

Im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen ohne CT-Untersuchung würde sich bei Patienten mit CT-Untersuchung in Schnitt eine Krebserkrankung zusätzlich zu 1000 spontan entstehenden Tumoren entwickeln.

Unsicherheit bei Berechnungen

Allerdings gibt es Unsicherheiten bei den Berechnungen, sodass die Wissenschaftler etwa bei Mädchen mit einem Thorax-CT im Alter von fünf Jahren berechneten, dass 90 Prozent der ELR-Werte zwischen 1 und 13 pro 1000 Aufnahmen liegen.

Von 2013 bis 2015 ist die Zahl der CT-Aufnahmen in Großbritannien im Schnitt um 3 Prozent gestiegen. 2015 lag sie zum Beispiel bei Patienten im Alter zwischen 15 und 19 Jahren bei 17,9 pro 1000 Patienten.

Auf dieser Basis berechneten die Wissenschaftler, dass bis 2020 median 64 Krebserkrankungen bei insgesamt 130.750 CT-Aufnahmen im Jahr 2015 in Großbritannien entstehen könnten.

Unter der Voraussetzung, dass die Strahlendosis auf dem Niveau von 2000 bis 2008 und die Häufigkeit der CT-Aufnahmen auf dem Niveau von 2015 bleiben, würde nach den Berechnungen binnen fünf Jahren bei 320 Patienten durch die CT-Untersuchungen im Kindesalter Krebs entstehen.

Technologien mit geringeren Dosen kommen

Sollte sich dagegen die CT-Frequenz bis zum Jahr 2020 jährlich um drei Prozent erhöhen, stiege die Krebsinzidenz um zehn Prozent im Vergleich zur Situation einer unveränderten CT-Frequenz. Dem Anstieg würde jedoch eine aufgrund neuer Technologien zu erwartende sinkende Strahlendosis entgegenwirken, so die Ärzte.

Nach Ansicht von Journy und ihren Kollegen sei nicht vorhersehbar, wie sich die CT-Häufigkeit in der Pädiatrie tatsächlich entwickeln werde. Ein realistisches Szenario für Großbritannien sei eine Frequenz zwischen -2 Prozent und +5 Prozent bis 2020, was einer möglichen Inzidenzveränderung von Tumoren durch die CT-Aufnahmen zwischen –6 Prozent und +16 Prozent verglichen mit 2015 gleichkäme.

Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass es sich bei den Berechnungen nicht um individuelle Risiken handele, sondern die Zahlen auf Bevölkerungsebene zu betrachten seien.

Auf individueller Ebene sei das Risiko, durch CT-Aufnahmen an Krebs zu erkranken, im Vergleich zum übrigen Krebsrisiko sehr gering, weshalb der Nutzen der Diagnostik, wie sie derzeit gehandhabt werde, das Risiko in den meisten Fällen überwiege.

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