Lymphomtherapie

Werden CAR-T-Zellen Standard?

Die FDA-Zulassung der ersten Therapie mit CAR-T-Zellen hat in diesem Jahr für Aufsehen gesorgt. Experten beim ASH-Kongress sind überzeugt, dass die Therapie bei immer mehr Patienten Anwendung finden wird – auch in Deutschland.

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:
CAR-T-Zellen (rot) zerstören eine Krebszelle.

CAR-T-Zellen (rot) zerstören eine Krebszelle.

© luismmolina/Getty Images/ iStock

ATLANTA. Bei immer mehr B-Zell-Malignomen erweisen sich CAR-T-Zellen (chimeric antigen receptor T-cells) als hoch wirksam. Selbst bei Patienten mit intensiven Vorbehandlungen haben sie ein kuratives Potenzial, berichtete Professor Stephen J. Schuster von der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania beim diesjährigen Kongress der American Society of Hematology (ASH) in Atlanta.

"Wir brauchen weitere Studien und ein Langzeitmonitoring, aber ich bin überzeugt davon, dass CAR-T-Zellen für bestimmte Leukämien und Lymphome ein neuer Behandlungsstandard auch außerhalb von Studien werden, einfach, weil sie Leben retten", sagte der Forscher zur "Ärzte Zeitung".

Schuster hat beim ASH-Kongress – dessen Schwerpunktthema unter anderem CAR-T-Zellen waren – Daten der JULIET-Studie vorgestellt, einer klinischen Untersuchung an 27 Zentren in zehn Ländern inklusive Deutschland. Die Studienteilnehmer hatten therapierefraktäre oder rezidivierende diffus großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL), die häufigste Form der Non-Hodgkin-Lymphome. Etwa ein Drittel der Betroffenen spreche nicht auf eine primäre Behandlung an, erklärte der Wissenschaftler, und für die Hälfte derjenigen mit Therapieversagen sei eine Stammzelltransplantation nicht möglich. "Diese Patienten sind Kandidaten für eine Behandlung mit CAR-T-Zellen", sagte Schuster.

In die Studie wurden 147 DLBCL-Patienten im Alter von 22 bis 76 Jahren aufgenommen. Bei ihnen hatten mindestens zwei Chemotherapien versagt und sie kamen für eine Stammzelltransplantation nicht infrage. Die Teilnehmer erhielten eine Infusion von CAR-T-Zellen, nämlich das in den USA in diesem Jahr zugelassene Tisagenlecleucel (CTL019) vom Hersteller Novartis.

Von 81 Patienten liegen Auswertungen mit einem Follow-up von mindestens drei Monaten vor. Die Ansprechrate lag bei 53 Prozent, mit 39,5 Prozent kompletten und 13,6 Prozent partiellen Remissionen. Bei den 46 Patienten mit einem Follow-up von sechs Monaten betrug das komplette Ansprechen 30 Prozent und das partielle sieben Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, sechs Monate lang rezidivfrei zu bleiben, betrug 73,5 Prozent. "Nach sechs Monaten ohne Rückfall ist ein Rezidiv sehr selten, diese Patienten haben eine sehr gute Chance, geheilt zu sein", sagte Schuster.

Bei 86 Prozent der Patienten traten unerwünschte Effekte von Grad 3 oder 4 auf, sie seien aber therapierbar gewesen und kein Patient sei im Zusammenhang mit der Therapie gestorben. Es gebe Richtlinien für das Management der Patienten.

"Vor allem diejenigen Länder, die schon Erfahrungen aus Studien gesammelt haben, darunter Deutschland, werden aus meiner Sicht CAR-T-Zellen künftig für geeignete Patienten anwenden können", so Schuster. Für Tisagenlecleucel werde eine Zulassung in der Europäischen Union erwartet.

CAR-T-Zellen sind T-Lymphozyten, die dem Patienten entnommen und denen ex vivo Gene für einen T-Zellrezeptor übertragen werden, der spezifisch für ein B-Zellantigen ist. Die Zellen bilden zusätzlich zu den eigenen, ursprünglichen Rezeptoren auch solche, die sich an B-Zellen binden und deren Abtötung auslösen. Die Zellen werden vermehrt, eingefroren und dem Patienten dann rückübertragen, wenn der Zeitpunkt günstig ist. So entsteht eine "Armee" autologer Immunzellen, die im Körper persistiert und sich vermehren kann, und die zusammen mit B-Zellen entartete Lymphozyten eliminiert.

CAR-T-Zellen

- CAR-T-Zellen sind T-Lymphozyten, die dem Patienten entnommen und denen ex vivo Gene für einen Rezeptor übertragen werden, der spezifisch für ein B-Zellantigen ist.

- Die Zellen werden vermehrt, eingefroren und dem Patienten reinfundiert.

- Die autologen Immunzellen persistieren im Körper, vermehren sind und eliminieren zusammen mit B-Zellen entartete Lymphozyten.

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